Ein Interview mit Norisring-Rennleiter Thomas Dill

Norisring-Rennleiter Thomas Dill . foto: MotorSportClub Nürnberg e. V.

„Es ist mir eine Ehre“
Interview mit Rennleiter Thomas Dill

Vom 2. bis 4. Juli gastiert die DTM wieder am Norisring. Doch wer ist eigentlich dafür verantwortlich, dass auf dem Areal rund um den Dutzendteich ein Rennen stattfinden kann? Was bewegt die Mitglieder des MotorSportClubs Nürnberg dazu, jährlich bis zu drei Wochen Urlaub für den Norisring zu opfern? Was macht die Stadtstrecke so besonders? Und wie wird man eigentlich Rennleiter?
Im Autodino-Interview spricht Norisring-Rennleiter Thomas Dill über seine Lieblingsstrecke, den umfangreichen „Nebenjob“ als Rennleiter und die Gründe seines Engagements…

Herr Dill, Was macht den Norisring so besonders?
Thomas Dill: Rennleiter beim Norisring zu sein ist eine Ehre. Stadtrennstrecken sind ja generell faszinierend, aber das Flair am Dutzendteich ist einzigartig. Nirgendwo auf der Welt gibt es eine attraktivere Kulisse und ein schöneres Fahrerlager als in Nürnberg, nirgendwo sind die Fans näher an der Strecke als hier. Der Blick von der Tribüne direkt in die Boxengasse, wo gibt es das schon? Bei Rundenzeiten der DTM von etwa 49 Sekunden sehen die Zuschauer immer Action auf der Strecke. Kein Wunder, dass jedes Jahr um die 140.000 Besucher kommen.

Was unterscheidet den Rennleiter des Hockenheimrings vom Rennleiter des Norisrings?
Thomas Dill: Aus sportlicher Sicht gibt es keine Unterschiede. Natürlich sind die permanenten Rennstrecken mit einer Infrastruktur und Platzverhältnissen ausgestattet, die das Arbeiten und vor allem die Kommunikation teilweise enorm erleichtern. Aber auf der anderen Seite ist die Aufgabe, in ein paar Wochen eine Rennstrecke mit allem Drum und Dran aus dem Boden zu stampfen, jedes Mal aufs Neue eine große Herausforderung und macht für mich den besonderen Reiz aus.

Wie sind Sie zu dem Job gekommen?
Thomas Dill: Schon 1972, mit 14 Jahren, habe ich zum ersten Mal als „Melder“ an der Strecke gearbeitet. Es gab ja noch kein Internet und Co. Alle Rennergebnisse mussten im gesamten Renngelände an schwarzen Brettern verteilt und aufgehängt werden. Die Melder waren zu Fuß, mit dem Fahrrad oder Mofa unterwegs. Seitdem war ich in jedem Jahr ohne Unterbrechung in verschiedenen Positionen im Einsatz. Zuletzt als Fahrerlagerleiter, Rennsekretär und stellvertretender Rennleiter. Seit 2008 bin ich nun Rennleiter. Der Posten war immer mein Ziel, weil ich so die Erfahrungen, die ich als aktiver Rennfahrer gesammelt habe, optimal einsetzen kann.

Sie waren selbst im Rennsport aktiv?
Thomas Dill: Ja, von 1998 bis 2006 bin ich Rundstreckenrennen gefahren. Zuerst Porsche 964 Cup, dann Porsche 993 und Porsche 996 GT3 Cup. Darüber hinaus habe ich an verschiedenen Sprint- und Langstreckenrennen teilgenommen. Dafür, dass ich als Amateur an den Start ging, war ich gar nicht schlecht. Beim 24h-Rennen war ich sogar einmal Neunter der Gesamtwertung.

Was sind die Aufgaben eines Rennleiters?
Thomas Dill: Ich bin unter anderem verantwortlich für die Sicherheit der Zuschauer und Fahrer. Zum Beispiel überwache ich, ob beim Rennen auch alle Regeln beachtet werden. Bei Nichtbeachtung spreche ich Strafen aus. Beim Beenden des Rennens bin ich derjenige, der die Flagge schwenkt und ich muss sicherstellen, dass der gesamte Zeitplan eingehalten wird. Außerdem muss ich alle Einsätze der Hilfs- und Abschleppdienste überwachen, die aber mein Leiter der Streckensicherung Wolfgang Schlosser koordiniert.

Wie viele Nürnberger sind in die Planung und Durchführung involviert?
Thomas Dill: Wir sind ein Kernteam von circa 20 Personen. Zusammen planen wir die ganze Organisation und beginnen damit bereits im späten Herbst des Vorjahres. An der Durchführung sind dann noch einmal 600 Ehrenamtliche und zusätzlich circa 600 Einsatzkräfte der Polizei, des Roten Kreuzes und der Feuerwehr beteiligt.

Wie erleben Sie das Rennwochenende?
Thomas Dill: Mit wenig Schlaf, vielen spontanen Herausforderungen, einer großen Portion Adrenalin und mit viel Freude, wenn das Rennen am Sonntag erfolgreich und ohne Personenschäden zu Ende geht.

Welche Szenen haben Sie besonders in Erinnerung?
Thomas Dill: Die letzten sieben Runden des DTM-Rennens 2009 waren ein absolutes Highlight. So einen spannenden Kampf um den Sieg habe ich lange nicht gesehen. Nicht so schön waren die Unfälle der letzten Jahre, die zu Rennabbrüchen beziehungsweise zu größeren Rettungsaktionen geführt haben. Die Sicherheit der Fahrzeuge und der Strecke haben hier aber Gott sei Dank Schlimmeres verhindert.

Was motiviert Sie dazu, sich in diesem Maße ehrenamtlich zu engagieren?
Thomas Dill: Motorsport ist mein Hobby und meine große Leidenschaft seit ich denken kann. Der größte Antrieb sind aber die treuen Zuschauer, die uns über lange Jahre begleiten und die zuverlässigen, ehrenamtlichen Helfer des MCN, die teilweise bis zu drei Wochen Urlaub für ihr Hobby opfern. Es ist einfach eine Genugtuung, gemeinsam mit vielen Freunden und Kollegen etwas zu schaffen, das weltweit höchste Anerkennung genießt.

Wir bedanken uns für das Interview!

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