Noch vor ersten Tests wurde die neue Mercedes E-Klasse mit Lob überschüttet. Klar, bei einem neuen Benz ist das immer so, war bei der ersten A-Klasse (mit der meine Frau nichts als Ärger hatte), nicht anders. Doch sind die neuen Features der E-Klasse wirklich alle sinnvoll? Beispiel Touchpads am Lenker, einparken per Smartphone – wer braucht sowas? Kollege Peter Schwerdtmann stellt die neue Mercedes E-Klasse einmal vor und fängt mit der „Hardware“ an.
Bei der Hardware ist es der neue Dieselmotor, der besondere Erwähnung verdient. Dessen neue Generation startet in der E-Klasse mit rund 13 Prozent weniger Verbrauch und Ausstoß an Kohlendioxid. Gleichzeitig steigt die Leistung von 125 kW / 169 PS auf 143 kW / 194 PS. Das neue Antriebsaggregat ist mit 168,4 Kilogramm fast 35 Kilo leichter als sein Vorgänger und bei zwei Litern statt 2,15 Litern Hubraum sowie engerem Zylinderabstand deutlich kompakter.
Der E 220d beschleunigt in 7,3 Sekunden von 0 auf 100 km/h, erreicht eine Spitzengeschwindigkeit von 240 km/h und punktet mit einem Durchschnittsverbrauch (nach NEFZ) von rund vier Litern auf 100 km. Das bringt ihm die Effizienzklasse A+ ein. So bietet schon die Einstiegsmotorisierung bei den Dieseln Werte, die Flottenchefs wie Privatkäufer gleichermaßen zufriedenstellen sollten.
Wer mehr will kann auch das haben. Bei den Diesel reicht das Spektrum bisher nur vom neuen Vier-Zylinder-Diesel bis zum V6 im 350d mit 190 kW / 260 PS. Bei den Benzinmotoren umfasst die Angebotspalette Vier-Zylinder-Ottomotoren mit 135 bis 180 kW (183 bis 245 PS) sowie einen Sechs-Zylinder-Benziner mit 245 kW / 333 PS. Außerdem wird auch für die E-Klasse ein Hybrid-Modell angeboten werden. Der 350 e ermöglicht über 30 Kilometer rein elektrisches Fahren. Sein Vier-Zylinder-Ottomotor stellt im Verbund mit einem Elektromotor eine Systemleistung von 205 kW / 279 PS und ein Systemdrehmoment von 600 Newtonmetern (Nm) bereit.
Die E-Klasse legt bei den Außenmaßen zu: im Radstand um 65 mm auf 2939 mm und in der Länge um 43 mm auf 4923 mm. Beim Gewicht nahm die E-Klasse ab. Kurze Überhänge, langer Radstand, lange Haube, große Räder, eine neu interpretierte Charakterlinie und die nach Art der Coupés verlaufende Dachlinie prägen den Wagenkörper. Mit einem Luftwiderstandbeiwert von 0,23 beweist die Karosserie nicht nur ästhetische Qualitäten.
Im Innenraum vereinen die Sitze Langstreckentauglichkeit und sportliche Optik. Die Fondsitzbank kann auf Wunsch mit einer dreiteiligen Rückenlehne (40:20:40) geliefert werden. Ebenfalls gegen Aufpreis (1011,50 Euro) zieht ein virtuelles Cockpit mit zwei Displays mit jeweils 12,3 Zoll Bilddiagonale in den Armaturenträger ein und geben der E-Klasse den futuristischen Anstrich, den die klassischen Rundinstrumente der Basisversion nicht zu vermitteln mögen. Optisch verschmelzen die beiden Displays unter einem gemeinsamen Deckglas und einer gemeinsamen Hutze zu einem Cockpit. Für das Design der Anzeigen kann der Fahrer aus drei verschiedenen Grafikrichtungen wählen.
Die E-Klasse bietet als erstes Modell Touch Controls links und rechts im Lenkrad, die jeweils vom Daumen bedient werden können. Wie die Oberfläche eines Smartphones reagieren die Touch Controls auf horizontale und vertikale Wischbewegungen der Daumen. Damit erlauben sie die Steuerung des Infotainments, ohne dass der Fahrer die Hände vom Lenkrad nehmen muss.
Zusätzlich lassen sich die bekannten Bedienmöglichkeiten nutzen: in der Mittelkonsole ein Touchpad mit Controller, das Handschriften erkennt und die Sprachsteuerung Linguatronic. Außerdem stehen Direkt-Einsprungtasten (short cuts) zur Verfügung, zum Beispiel für die Bedienung der Klimaanlage und erstmals auch fürs Aus- und Einschalten bestimmter Fahrer-Assistenzsysteme.
Bei den Assistenzsystemen bietet aktuell kein anderes Modell eine längere Liste – zu lang, um sie an dieser Stelle komplett abbilden zu können. Deswegen konzentrieren wir uns auf ein typisches Paket: den „Drive Pilot“ für 2856 Euro zusätzlich: Dieses System kann als „Distronic“ den Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug halten und folgt ihm bis zu einer Geschwindigkeitsbereich von 210 km/h.
Der Lenk-Pilot schafft dabei auch moderate Kurven ganz ohne Fahrer. Bis 130 km/h kann das System durch die Beobachtung von umgebenden Fahrzeugen und Parallelstrukturen auch bei nicht eindeutigen Linien – zum Beispiel in Baustellen – oder sogar ohne Linien aktiv eingreifen. In Verbindung mit „Command Online“ (Aufpreis 3272,50 Euro) kann das System über Kamera oder die Navigationsdaten erkannte Geschwindigkeits-Beschränkungen selbsttätig einhalten.
Zum Drive Pilot gehört zum ersten Mal auch ein Aktiver Spurwechsel-Assistent. Sobald der Fahrer den Blinker setzt, unterstützt der Assistent den Fahrer aktiv beim Lenken auf die linke oder rechte Nachbarspur, wenn diese als frei erkannt wurde.
In Verbindung mit der serienmäßigen Stahlfederung stehen drei Direct-Control-Fahrwerke mit selektivem Dämpfungssystem zur Wahl: ein Komfortfahrwerk, ein komfortables Avantgarde-Fahrwerk mit sportlicherem Charakter sowie ein sportlich ausgelegtes Fahrwerk mit adaptiver Verstelldämpfung und Tieferlegung um 15 Millimeter.
Alternativ kann die E-Klasse als einziges Fahrzeug in ihrem Segment mit der Mehrkammer-Luftfederung „Air Body Control“ ausgerüstet werden. Ergänzt wird die Luftfederung durch eine elektronisch geregelte Verstelldämpfung. Über den „Dynamic Select“-Schalter im Cockpit kann der Fahrer fünf unterschiedliche Charakteristika einstellen: „Komfort“, „Eco“, „Sport“ und „Sport +“ sowie die Einstellung „Individual“.
Wir erlebten den Mercedes-Benz E 220d auf der Landstraße und fanden ihn erstaunlich agil für einen Einstiegsdiesel. Im Mercedes-Benz E 400 genossen wir den kräftigen Schub und das sportwagenmäßige Patschen beim Schubbetrieb und Herunterschalten. Die souveränste Verbindung aus Leistung, Schub und Fahrspaß bietet der Sechs-Zylinder-Diesel. Es ist eben auch bei diesem Mercedes-Benz erwartungsgemäß etwas teurer, das Beste oder nichts zu kaufen. Sternenstaub und Verwöhn-Aroma haben eben ihren Preis. (ampnet/Sm) (Fotos: Mercedes Benz/Autoreporter)
Daten Test Mercedes-Benz E 220d
Länge x Breite x Höhe (in m): 4,92 x 1,47 (mit Spiegeln 2,07) x 1,85
Radstand (m): 2,94
Motor: R4-Diesel, 1950 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 143 kW / 194 PS bei 2800 U/min
Max. Drehmoment: 400 Nm von 1600 – 2400 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 240 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,3 Sek.
Getriebe: Neun-Gang-Doppelkupplungsgetriebe 9-G-tronic
ECE-Durchschnittsverbrauch: 4,3 – 3,9 Liter
CO2-Emissionen: 112 – 102 g/km
Effizienzklasse: A+ (Euro 6)
Leergewicht / Zuladung: min. 1680 kg / max. 640 kg
Kofferraumvolumen: 540 Liter
Max. Anhängelast: 2100 kg
Wendekreis: 11,6 m
Reifen: 205/65 R 16
Luftwiderstandsbeiwert: 0,26
Basispreis: 47 124 Euro
Daten Test Mercedes-Benz E 350d
Länge x Breite x Höhe (in m): 4,92 x 1,47 x 1,85 (mit Spiegeln 2,07)
Radstand (m): 2,94
Motor: V8-Diesel, 2987 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 190 kW / 260 PS bei 3400 U/min
Max. Drehmoment: 620 Nm von 1600 – 2400 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 5,9Sek.
Getriebe: Neun-Gang-Doppelkupplungsgetriebe 9-G-tronic
ECE-Durchschnittsverbrauch: 5,5 – 5,1 Liter
CO2-Emissionen: 144 – 133 g/km
Effizienzklasse: A (Euro 6)
Leergewicht / Zuladung: min. 1800 kg / max. 640 kg
Kofferraumvolumen: 540 Liter
Max. Anhängelast: 2100 kg
Wendekreis: 11,6 m
Reifen: 225/55 R 17
Luftwiderstandsbeiwert: 0,27
Basispreis: 55 602 Euro