Im vergangenen Jahr wurde nichts ausgelassen, um die Premiummarke Audi zu beschädigen: Politik und Justiz haben den Bayern ein Bein gestellt, wo es nur ging. Doch jetzt melden sich die Ingolstädter wieder zurück: Der Zertifizierungsengpass beim Antrieb ist Vergangenheit, mehrere Baureihen stehen vor der Markteinführung. Darunter auch der überarbeitete A4, dessen Facelift den Rahmen üblicher Produktaufwertungen zur Mitte des Produktzyklus bei weitem sprengt.
So hat Audi erheblich in die Karosseriestruktur eingegriffen, um dem bislang ein bisschen langweilig wirkenden A4 eine schönere und interessantere Form zu verpassen. Es gibt neue Frontschürzen: Die S-Line- und S-Modelle verfügen über Lufteinlass-Attrappen oberhalb des breiter gewordenen und tiefer angesetzten Kühlergrills; sie schlagen optisch die Brücke zwischen A1 und R8.
An den Flanken gibt es jetzt bei allen Varianten deutlich herausgearbeitete Kotflügelverbreiterungen, die als „Quattro-Blister“ bezeichnet werden. Sie reichen bis in die Türen hinein. Nicht geändert hat sich die kuriose Kinematik der Türgriffe; die Bügel beschreiben beim Öffnen eine Kurve nach oben. Die Heckschürze ist jetzt neugestaltet – mit Auspuff-Attrappen. Beim S4 sind die vier Rohre allerdings funktional.
Der vordere Scheinwerferumriss wurde deutlich geglättet, während die Rückleuchten ihre unruhige Kontur behalten. LED-Scheinwerfer sind jetzt Standard, gegen Aufpreis gibt es Matrix-LED-Licht. Das Innenleben der Rückleuchten ist ebenfalls neu gestaltet. Und so hebt sich der neue A4 schon von außen sehr deutlich vom bisherigen Modell ab.
Im Interieur sind die Unterschiede zwar dezent, aber bedeutend. Wichtigste Neuerung ist der in seinen Dimensionen gewachsene und jetzt berührungsempfindlich ausgelegte Bildschirm. Über ihn lassen sich die Infotainment- und Klimafunktionen problemlos und intuitiv ansteuern.
Der berührungsempfindliche Dreh-Drück-Steller entfällt. Das Infotainmentsystem vollzieht insgesamt einen Generationssprung und agiert nicht nur schneller, sondern bietet auch neue Funktionen. Beispielsweise eine Anzeige, die darüber informiert, wann die nächste Ampel auf Grün springt. Jedenfalls dort, wo die Städte diese Informationen bereitstellen.
Die Darstellungsmodi der aufpreispflichtigen TFT-Instrumentierung wurden verbessert; besonders gut gefällt die futuristische Balkengraphik mit diagonal angeschnittener Kartendarstellung. Und wer sich beim Kauf noch nicht für alle Optionen entscheiden kann, der kann – je nach Infotainmentvariante – verschiedene Funktionen testweise dazu buchen und gegebenenfalls nachkaufen.
Neue Farben, Stoffe und Dekormaterialien runden den Auftritt ab, wobei es auch nach dem Facelift wieder eine Allroad-Version gibt, die sich durch Kontrastlackierung und rustikal wirkende Designelemente auszeichnet.
Der Übergang von Schweller zu hinterem Kotflügel ist dabei stilistisch nicht ganz sauber gelöst, die meisten Kunden wird es jedoch nicht stören: Sie bestellen den Allroad aus Imagegründen, weil sie ihn als hochpreisiges Ausstattungspaket interpretieren. Immerhin: Er liegt 3,5 Zentimeter höher als der reguläre Avant und verfügt über ein Offroadprogramm, das die Traktion verbessert. Der Kauf lässt sich also auch rational begründen.
Neben den kosmetischen Änderungen hat sich auch unter dem Blech einiges getan: Die umfangreiche Motorenfamilie verfügt jetzt über mehrere Derivate mit Mild-Hybridisierung. Für die Kraftübertragung sorgt je nach Motor eine Sechs-Gang-Handschaltung, eine Sieben-Gang-Doppelkupplungs-Automatik oder ein Acht-Stufen-Wandlerautomat.
Einstieg in die Ottomotoren-Welt ist ein Vier-Zylinder-Turbo mit 150 PS, bei dem es sich leider um das einzige Modell handelt, das es noch mit manueller Schaltung gibt. Die Diesel-Palette beginnt mit einem 136-PS-Aggregat.
Das obere Ende des A4-Modellprogramms markiert der S4, der in Europa nunmehr als 347 PS starker Turbodiesel antritt; er liefert stolze 700 Newtonmeter Drehmoment.
Außerhalb Europas bleibt es beim Ottomotor (354 PS, 500 Nm). Besonderer Clou beim S4 TDI ist der elektrische Verdichter, der für extrem spontanes Ansprechverhalten sorgen dürfte. Diese Variante ist an ein 48-Volt-Hybrid-System gekoppelt. Der Wechsel beim Europa-S4 zum Dieselmotor ist übrigens eine wichtige Aussage: Der Selbstzünder ist noch lange nicht tot.
Schöner, sparsamer, besser: Mit den neuen A4-Modellen, die im Herbst auf den Markt kommen, ist Audi gut gerüstet, um gegen den neuen BMW 3er und die relativ frisch überarbeitete C-Klasse von Mercedes-Benz zu bestehen. Audi, soviel steht fest, kann es noch. (we/ampnet/jm)