Der Name „Supra“ ist ein schweres Erbe, steht er doch in der Automobilwelt für den Inbegriff der japanischen Leidenschaft für Sportwagen. Und dann kommt Toyota mit einem Auto um die Ecke, das zusammen mit BMW entwickelt wurde – und einfach jeder schaut hinterher oder will etwas über diese Kult-Neuauflage wissen.
Die JDM-Fans schlagen Alarm, Enthusiasten sehen den Vorteil: Der Toyota ist nun kurz, beweglich und hat einen Reihensechszylinder. Also auf zur über 340 PS starken Mini-Viper Toyota Supra GR Probefahrt.
Tief, breit, muskulös, scharf, erotisch – dem Supradesign darf man Leidenschaft attestieren. Die bloße Heckansicht erzeugt eine Erscheinung, die in ihrer tief gezogenen Breite an einen Supersportwagen erinnert. Zwischen den Rückleuchten formt sich allein durch den Schwung ein „X“ und der Diffusor hat Thekencharakter.
Dazwischen tummeln sich zwei Endrohre die in treffendem Format und natürlicher Edelstahloptik den Kontrabass stimmen. Was dem Hintermann durch ein Formenschauspiel signalisiert wird, ist Realität: Der Supra sieht aus, wie er auch fährt. Und sein Format ist ideal für die Landstraße, aber auch für typische Trackday-Kurse wie den Bilster Berg, Oschersleben oder den Nürburgring.
Unter der Haube des japanisch-deutschen Co-Projekts schlummern sechs Zylinder, drei Liter Hubraum und ein Turbolader. Gekoppelt mit einer ZF-Acht-Gang-Automatik und Hinterradantrieb mit Reifen in 275er Breite ergibt sich rohe Gewalt.
340 PS und 500 Newtonmeter beschleunigen den Supra in 4,3 Sekunden auf Tempo 100 km/h. Ein Wert, wie ihn in den 90ern die wenigsten Porsche und Ferrari überhaupt bieten konnten. Der Supra hingegen ist auf eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h elektronisch begrenzt, hat aber viel Luft nach oben.
Der gesamte Beschleunigungsvorgang läuft so pervers perfekt ab, dass man die Ingenieure nur bewundern kann. Der 3,0-Liter-Turbomotor hängt unnachgiebig, gleichmäßig und laufruhig ab 3000 Umdrehungen in der Minute am Gas, dass es schon schaudert.
Die Acht-Stufen-Automatik wandelt im Sportmodus wie ein Steinmetz, in der Innenstadt kaum präsent und seidenweich. Und die BMW-Technik füllt das Loch gekonnt, das Toyota mit einem Reihensechszylinder selbst gerade nicht füllen kann. Das gilt für vieles Weitere am Supra. Denn im Grunde ist er ein Z4 im Rennsportkleid – oder der Z4 ist der Supra für den Sonntag? Wie man es auch dreht: die Unterschiede zum Bayern-Roadster beschränken sich hauptsächlich auf die Karosserie, die Lenkung und Details der Innenausstattung.
Aber Kleinigkeiten sind aber auch nicht von der Hand zu weisen. Während der Z4 ein angepasster Schönling ist, zeigt der Supra expressives Design und fährt zusätzliche Aerodynamik auf. Dazu ist die Karosserie steifer als die des Lexus LFA.
Und Toyota hat an vielen Stellen für Tuner mitgedacht: So können die seitlichen mit Kunststoffinlays bestückten Lufteinlässe heraus genommen werden und durch Grillgitter ersetzt werden. In der Front können zwei seitliche Lufteinlässe für die Bremsenkühlung geöffnet werden.
Und am Hinterachsdifferential haben die Entwickler sogar noch Platz für einen Wärmetauscher und dessen Anschluss gelassen. Aufnahmen für Achsstreben sind ebenfalls vorhanden und für einen zusätzlichen Heckspoiler muss nicht gebohrt werden. Die Entwickler streuen Blumen über ihre Zielgruppe.
Dass die noch nicht in Rente ist, beweist der tiefe Einstieg durch die langen, rahmenlosen Türen. Etwas Akrobatik und Körperspannung gehört zum Sportwagenfahren eben dazu. Die Sitze bieten guten Seitenhalt und sind elektrisch verstellbar, auch die Seitenwangen.
Der Schraubstock passt sich also optimal dem bestenfalls durchschnittlich beleibten Werkstück an. Eine Lordosenstütze ermöglicht sogar Reisekomfort. Im Supra ist zugegebenermaßen fast alles wie im Z4 – bis auf die Türverkleidungen und den speziell designten Tacho, der analogen Charme in das digitale Cockpit bringt. Dass statt einem Z4 ein Supra im BMW-Infotainmentsystem visualisiert wird, ist neben dem Toyota-Logo auf dem Lenkrad der einzige auffällige Unterschied. Unverzichtbar ist bei der schlechten Sicht nach hinten die Rückfahrkamera.
Das Fahren im Supra ist simpel gehalten. Der Sportmodus ist der einzige spezielle Modus, der im Supra eingestellt werden kann. Neben „Normal“ vermisst man als BMW-Kenner den Eco-Pro-Modus mit Zylinderabschaltung, der einen Verbrauch bis herunter auf sieben Liter ermöglicht und vor allem im Stadtverkehr entspannter zu fahren ist.
Der Normalmodus hingegen wird erst ab 9 Litern richtig zum Leben erweckt, der Sportmodus giert nach Drehzahlen. Verbräuche für Lieschen Müller sind im Supra ohnehin unrealistisch. So gehen wir davon aus, dass sich der Verbrauch bei der Kundschaft auf etwas zwischen elf und 13 Litern einpendeln wird.
Die breiten Walzen katapultieren den Supra im sanften Tanz vorwärts, die Gewalt des Sechszylinder-Turbomotors kann beim Gangwechsel auch zum Ausscheren führen. Deshalb ist das elektronische Stabilitätsprogramm zur Stelle und gleicht Schlupf und Gasannahme aneinander an. Für Fahrten bei Regen ist das Programm zu empfehlen, auf trockener Straße darf auch der einmalige kurze Druck auf den ESP-Schalter erfolgen, der mehr Spieltrieb zulässt.
Mit vollständig abgeschaltetem Stabilitätsprogramm sind die 340 Turbo-PS auf der Hinterachse nichts für Einsteiger. Zwar zirkelt sich der Supra balanciert um jede Kurve, Traktionsabrisse sind bei dem kurzen Radstand aber gelegentlich von schneller Hand zu korrigieren. Dafür verantwortlich ist das Fahrwerk, das mit schnell gefahrenen Buckelpisten nicht Schritt halten kann.
So schlängelt sich etwas Nervenkitzel in den Supra. Denn vom Prinzip her ist er ein groß gewachsener MX-5 mit breiter Spur, sein Radstand kürzer als der des Toyota GT86. Leider lässt er auch genau so starke Wankbewegungen zu, das Fahrwerk ist für ein Präzisionsfahrwerk zu progressiv aber grenzenlos gutmütig.
So braucht der Supra immer eine Gedenksekunde bis er sich voll in die Kurve legt und wird bei Lastwechseln träge. Gleichzeitig fehlt ihm oberhalb von 200 km/h die nötige Lenkpräzision. In mancher Autobahnkurve muss er sich daher gegen die kompakten Allrad-Renner aus Ingolstadt geschlagen geben.
Aber die Autobahn ist auch nicht das bevorzugte Revier des Supra. Auf dem Land zu schlängeln und zu tanzen, dafür ist er gemacht. Außen anbremsen, auf Zug einlenken, kurz nach dem Scheitelpunkt voller Ladedruck – hier sind flinke Finger gefragt, die mit sanfter Gleitreibung und immensem Vortrieb belohnt werden.
Ein leichtes Anfangsuntersteuern sorgt beim Supra für ein sicheres 50-50-Fahrverhalten mit Reserven. Dafür verantwortlich sind auch das ausgeklügelte Hinterachsdifferential und die massigen Pneus auf der breiten Hinterachse, die 340 PS zuverlässig auf die Straße bringen.
Die Lenkung hat mehr Widerstand und ist präziser als im Z4. Das Fahrwerk wirkt trotz der Wankneigung ebenfalls leicht sportlicher, wozu auch die erhöhte Steifigkeit der Coupé-Form beiträgt. Die Spur vom messerscharfen Einlenkverhalten fehlt dennoch. Doch wenn die Rohre hinten unter bollerndem Bariton ertönen, der Lader faucht und der Supra sich nach links und recht schüttelt, weiß der kleine Sportwagen zu imponieren.
Allein die Tatsache, dass der Supra nicht mit Schaltgetriebe bestellbar ist, ist unverständlich und für viele potentielle Käufer ein Hindernis. Diesen wilden Genossen per Hand und Fuß durch die Gänge zu leiten, das wäre perfekt gewesen. Der Supra ist damit der Fast-Traumwagen für Puristen und eine prüfenswerte Alternative zum Cayman. Allein wegen der zwei zusätzlichen Zylinder zum kleineren Preis.
Der Alltagsnutzen des Supra ist gering, wenngleich er bequem genug für die täglichen Wege ist. Ein Grund dafür ist das Kofferraumabteil mit hoher Ladekante und reduzierter Ladeöffnung. Zum Innenraum ist das Abteil nicht getrennt, sodass bei einer Vollbremsung die Einkäufe über die Mittelkonsole verteilt werden können. Das ist reiner Unsinn, der durch ein Trennnetz und den Verzicht auf die zwei in der Bodenkante versenkten, ratternden Subwoofer leicht hätte verhindert werden können.
Fazit: Das Konzept des kleinen Zweisitzers geht an dem des Vorgängers Supra MK4 zwar allein durch die Beteiligung von BMW vorbei. Das bietet dem Fahrer jedoch mehr Beweglichkeit, ein präzises Schaltverhalten sowie eine homogene Twin-Scroll-Charakteristik.
Der Supra darf als eine Basis verstanden werden, die auch für den Trackday tauglich ist. Unter alltagstauglichen Gesichtspunkten kann er im Serientrimm ebenfalls funktionieren, das Konzept von Toyota richtet sich aber an Fahrer, die ihrem Vehikel gerne schärfende Extraoptionen spendieren wollen. Bei einem Kaufpreis von 62 900 Euro sind ein paar Sportartikel doch auch schnell aus der Kasse gefallen. Und 2020 ist der Supra auch in größeren Stückzahlen erhältlich. Für 2019 ist er schon lange ausverkauft. (we/ampnet/deg)(Foto: Auto-Medienportal.Net/Dennis Gauert)
Daten Toyota GR Supra Probefahrt
Länge x Breite x Höhe (m): 4,38 x 1,85 x 1,29
Radstand (m): 2,47
Motor: R6-Benziner, 2998 ccm, Direkteinspritzung, Twin-Scroll-Turbolader
Leistung: 340 PS (250 kW) bei 5000 – 6500 U/min
Max. Drehmoment: 500 Nm bei 1600 – 4500 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (elektronisch begrenzt)
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 4,3 Sek.
NEFZ-Durchschnittsverbrauch: 7,5 Liter
Realverbrauch: 10 Liter
Testverbrauch: 13,5 Liter
CO2-Emissionen: 170 g/km (Euro 6d-Temp)
Leergewicht / Zuladung: min. 1570 kg / max. 245 kg
Wendekreis: 10,4 m
Kofferraumvolumen: 290 Liter
Tankvolumen: 52 Liter
Bereifung: 255/35 ZR 19 (vorn), 275/35 ZR19 (hinten)
Basispreis: 62 900 Euro