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Audi RS3 Limousine Probefahrt

In 4,1 Sekunden beschleunigt der stärkste Bayern-Golf aller Zeiten auf 100 km/h, in unter 16 Sekunden fällt die 200er-Marke. Sportwagenfahrer jedenfalls beißen auf der Autobahn heulend ins Lenkrad, wenn sich die Audi RS3 Limousine nähert. Ein mieser Kerl, dieser RS3.

Vom Prinzip ein Über-Golf

ampnet photo 20191204 176300 Und man muss ihn nicht einmal fahren können: Die MQB-Plattform, auf der auch Konzernbrüder wie der VW Golf basieren, haben die Audi-Sport-Ingenieure gehörig ins Gebet genommen. Mit einem intelligenten Allradantrieb, einem Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe und dem 2,5-Liter-TFSI rückte man dem Biedermann zu Leibe.

So verwandelte sich der praktische Kompaktwagen in einen Expresszug ohne Entgleisungen. Bei dem sitzt der Motor allerdings, anders als bei Sportwagen, quer vor den vorderen Domen. Durch die Limousinenform und den Allradantrieb hat man ihm seine Frontlastigkeit aber aberzogen – so heißt es.

Sicheres Fahrverhalten ohne Schnörkel

Unsere Testfahrten zeichnen das Bild eines Autos, das nichts aus der Ruhe bringen kann. Eine Destabilisierung scheint schlicht unmöglich – auch mit ausgeschalteten Fahrhilfen. Auf nasser Straße konnte nur eine Haftungsgrenze festgestellt werden.

Der Allradantrieb ist nahezu unbesiegbar, verhilft der kleinen Limousine aber nicht zum schlanken Fuß.

Der Grenzbereich des RS3 liegt naturgemäß höher als bei seinen Brüdern mit Frontantrieb; aber wenn er rutscht, rutscht er ebenfalls vorne. Das Fahrverhalten auf der Straße kann man, auch wegen der unermüdlich zupackenden Festkolbenbremssättel, als absolut sicher bezeichnen.

Lediglich die 235er-Reifenbreite nimmt dem knapp 1600 Kilogramm schweren Allrad-Renner die Sprosse zur nächsten Haftungsstufe. Die kurz übersetzte Lenkung lässt immerhin so manchen Masseneffekt verpuffen.

Abgesteppte Sportsessel mit Kontrastziernähten halten die vorderen Passagiere fest, auch auf den Rücksitzen feine Nähte und Karos, Carbon-Zierleisten, Edelstahl-Dekore – Besitzer von A3-Volumenmodellen finden eine neue Welt vor, wenn sie einsteigen. Lediglich die in Wagenfarbe lackierten runden Lüftungsdüsen holen den Käufer in die Welt der Kompaktklasse zurück. Sie sind wacklig geführt und wollen der ansonsten tadellosen Haptik nicht entsprechen.

Gut, dass kleine Aufmerksamkeiten der Entwickler, wie etwa die Audi-Sport-Logo-Projektion auf dem Boden beim Einsteigen, dafür entschädigen wollen. Sie machen aus Bruce Wayne zwar nicht Batman aber erinnern an das Besondere: Es ist ein RS.

Häufiger wird man auch so auf den Super-A3 angesprochen. Bei einer roten Sportlimousine outen sich die Kenner: In der Nacht zu Hause angekommen gratuliert sogar ein Nachbar nach dem Parken zum RS3 – angelockt von dem eigentümlichen Brodeln der fünf Kammern.

„Das ist der mit 400 PS, ne? Voll geil!“ lauten die Worte des Maschinenbauingenieurs in den besten Jahren. Dabei wurde der Sound beim aktuellen Modell schon entschärft. Das ursprünglich wilde Geknatter beim Abtouren ist von innen nicht mehr hörbar, von außen dumpfer. Am Jungfernstieg klingeln der Soko sicher trotzdem die Ohren.

Und wenn es klingelt, ist auch die Kasse bei Audi nicht weit. 58.000 Euro sind mindestens für einen Ritt im viertürigen RS3 nötig.

ampnet photo 20191127 175920 Unser Testwagen kostet 15.440 Euro mehr und kommt ohne Abstandstempomat oder Spurhalteassistent aus, dafür gibt’s unter anderem das größte Infotainmentsystem und Echtcarbon-Dekore.

Das Highlight der Ingolstädter Preispolitik ist aber die Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf 280 km/h: Dafür fallen knapp 1500 Euro aus der Westentasche. Ja, die Aufpreisliste ist von der Art wie man sie gern selbst in Rechnung gestellt hätte. Und Audi tut sich damit keinen Gefallen.

Denn bei einem Kaufpreis von über 73.000 Euro holt sich der Testwagen harte Konkurrenz in die Tabelle: Alltagstaugliche Sportcoupés und Limousinen wie BMW M2 bis M4, Mercedes C63 AMG; ja sogar Sportwagen wie Toyota Supra oder Porsche Cayman GTS – sie alle sind zu diesem Preis zu haben.

Wer Geschäftskunden hat, wird die Diskretion des RS3 im Vergleich zu den Alternativen zu schätzen wissen, aber ein kleines Räuspern kann dabei sein, wenn man später als Besitzer einen M4 um die Ecke biegen sieht.

Denn auch die Blech gewordene Zwille von Audi Sport ist nicht perfekt. Das DSG-Getriebe verzettelt sich gelegentlich im Alltag, die Sitze sind nicht mit verstellbaren Seitenwangen zu bekommen, und es ist nahezu unerträglich im Dynamikmodus zu fahren, ohne drauf zu treten. Der Lader will stetig gefüttert werden und der Fahrer bekommt ihn ab 4000 U/min aus vollen Eimern ergossen.

15 bis 20 Liter Sprit gehen auf schnellen Autobahnetappen und freien Landstraßen schon durch. Im Mittel pendelt sich der RS3 bei zwölf Litern ein, zehn sind bei ganz ruhigen Zehen möglich. Auch 2020 gilt: Turbo läuft – Turbo säuft.

Fazit:
Ein viertüriger Kompakter, der vergleichsweise dezent 400 PS beherbergt, ist ein Nischenprodukt, das zu diesem Preis die wohlhabenden Vielfahrer aus der Reserve lockt. Denn der Audi RS3 kann so ruhig und angenehm wie ein ganz normaler A3 fahren. Erst sobald der Sportmodus eingeschaltet ist, beginnt eine exzessartige Beschleunigungsorgie in sieben Akten, die einzigartig ist.

Und sie wird der sicher abgestimmten Kompaktlimousine – neben dem süffisanten Überraschungseffekt – zahlreiche Fans bescheren. Dass die Rallye mehr geradeaus als um die Ecke geht, ist der Preis, den der Käufer für seine Sicherheit zahlt. Strafpunkte gibt es dazu für die opulente Preisliste. (Fotos: Auto-Medienportal.Net/Dennis Gauert)

Daten Audi RS 3 Limousine

Länge x Breite x Höhe (m): 4,48 x 1,80 x 1,40
Radstand (m): 2,63
Motor: R5-Benziner, 2480 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung: 400 PS (294 kW) bei 5850 – 7000 U/min
Max. Drehmoment: 480 Nm bei 1950 – 5850 U/min
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (abgeregelt; optional 280 km/h)
Beschleunigung 0-100 km/h: 4,1 Sekunden
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 8,5 Liter
Realverbrauch: 12 Liter
Emissionen: 194 g/km (Euro 6d-Temp)
Leergewicht: 1590 Kg
Zul. Gesamtgewicht: 2060 Kg
Kofferraumvolumen: 315–770 Liter
Basispreis: 58 000 Euro
Testwagenpreis: 73 445 Euro

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