Porsche 911 GT3 Test

Besser einen fahren lassen: Porsche 911 GT3 Test

So viel vorab. Wer einen echten Porsche 911 GT3 Test machen möchte, der muss einen fahren lassen. Am Besten einen langjährigen Porsche-Werksfahrer wie Jörg Bergmeister. Und der lässt es dann auch richtig fliegen. Geil. Big balls. Auch wenn du auf dem Beifahrersitz neben dem Profi bereits nach den ersten Metern deine große Klappe bereust, niemand möge auf dich Rücksicht nehmen!

Es ist keineswegs ein enormer Leistungszuwachs, der dem neuen Porsche GT3 das Plus an Dynamik verleiht. Schließlich ist der Vier-Liter-GT-Boxermotor mit seinen 510 PS (375 kW) lediglich zehn PS stärker als der Vertreter der Generation 991.

Porsche 911 GT3 Test
Porsche 911 GT3 Test

Und auch das Drehmoment des frei saugenden Sechszylinders haben die Entwickler um Porsches GT-Chef Andreas Preuninger lediglich von 460 auf 470 Newtonmeter erhöht. Der Motor entspricht dem Boxer des 911 Speedster und basiert auf dem Rennaggregat des 911 GT3 R.

3,4 Sekunden dauert der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100 (PDK / wie gehabt gibt es den GT3 auch mit einem manuellen Sechs-Gang-Getriebe, dann 3,9 Sekunden) und 10,8 Sekunden (11,9) vergehen, bis die Tachonadel 200 anzeigt. In der Spitze sind 318 (PDK) beziehungsweise 320 km/h Stunde möglich.

Die Spitzenleistung erreicht der Motor dank des Hochdrehzahl-Konzepts bei 8.400 Touren. Erst bei 9000 Umdrehungen pro Minute setzt die Elektronik der Drehfreude Grenzen. Diese Werte des an die Anforderungen der Straßenverkehrsordnung angepassten Renntriebwerks sind jedoch nur die eine Seite der goldglänzenden Medaille.

Weitaus entscheidender sind die die vielen technischen Details, mit denen Preuninger und sein Team das neue Maß an Performance geschaffen haben.

Unser Porsche 911 GT3 Test Fahrzeug schwimmt fast in Milch

Da ist beispielsweise das Gewicht. Mit knapp über 1400 Kilogramm wiegt die Neuauflage des GT3 genauso viel wie das 991-Modell. Und das, obwohl die Plattform des 992 deutlich größer und zudem schwerer ist als die des Vorgängers.

Porsche 911 GT3 InnenraumI
Porsche 911 GT3 Innenraum

Die neue Leichtbau-Fronthaube aus kohlefaserverstärktem Kunststoff trägt ebenso dazu wie geschmiedete Leichtmetallräder (9,5×20 Zoll vorne und 12×21 Zoll hinten, optional bezogen mit 255er- beziehungsweise 315er-Michelin Pilot Sport Cup 2) oder Leichtbauglas für sämtliche Scheiben.

Die Leichtbau-Sportabgasanlage ist trotz des Mehrgewichts der zwei getrennten Ottopartikelfilter – der Sound hat dennoch kaum gelitten – sogar noch leichter geworden. Das komplette Bauteil wiegt zehn Kilogramm weniger als das im GT3 der 991-Baureihe.

Die neue Fondabdeckung hinter den Vordersitzen und das Doppelkupplungsgetriebe, das ohne achten Gang auskommt, steuern ebenfalls zur Diät bei. Zudem spart die nun serienmäßige 60 Ah starke Starterbatterie im Vergleich zum bisherigen 911 GT3 mehr als zehn Kilogramm ein.

Optional steht auch eine 40-Ah-Variante zur Verfügung. Sie ist noch einmal 3,5 Kilogramm leichter. Mit einem Leistungsgewicht von 2,8 Kilogramm pro PS rückt der Porsche 911 GT3 Test Wagen mit Schaltgetriebe noch näher an das Niveau reinrassiger Rennwagen heran als zuvor.

Porsche 911 GT3 Innenraum
Porsche 911 GT3 Innenraum

Dazu trägt zudem ganz wesentlich die Verbesserung des Abtriebs bei. Der neue Heckdiffusor erzeugt viermal so viel Abtrieb wie beim Vorgänger.

Grund dafür sind unter anderem die Diffusoren an der Front, die gemeinsam mit der Spoilerlippe für eine veränderte Anströmung des vollverkleideten Unterbodens sorgen.

Komplett auf Abtrieb ausgerichtet ist der mächtige Heckflügel. Die Schwanenhals-Aufhängung kommt in ähnlicher Form beim GT-Langstrecken-Rennwagen und Le-Mans-Klassensieger 911 RSR zum Einsatz.

Da zwei Aluminium-Winkel das Flügelelement von oben halten, kann der Fahrtwind die aerodynamisch wichtigere Unterseite störungsfrei umfließen. Das bedeutet, dass der GT3 in der Summe in der Aerodynamik-Werkseinstellung 50 Prozent mehr Downforce generiert als bisher.

Und wer die Performance-Position für die Fahrt auf der Rundstrecke wählt, der darf sich bei Tempo 200 gar über eine 150-prozentige Steigerung des Abtriebs freuen.

Mehr Stabilität bei hohen Geschwindigkeiten auf der Geraden und mehr Performance in den Kurven im Porsche 911 GT3 Test, bringen außerdem die vorderen Radaufhängungen.

Ihre komplett neu entwickelte Doppelquerlenker-Konstruktion stammt ursprünglich aus Formel-Fahrzeugen, wurde von Porsche bereits 2005 im legendären LMP2-Prototypen RS Spyder eingesetzt und 2017 für den Le-Mans-Klassensieger 911 RSR übernommen.

Porsche 911 GT3 Innenraum
Porsche 911 GT3 Innenraum

Jetzt kommt sie erstmals einem Straßenfahrzeug des Sportwagenherstellers zugute und verleiht dem 911 GT3 mit einer vorderen Spurweite von 1,60 Metern – hinten sind es 1,55 Meter – eine beispielhafte Einlenkagilität sowie größere Bremsstabilität.

Apropos Bremsen: An der Vorderachse des Porsche 911 GT3 Test Autos kommen Scheiben mit einem Durchmesser von 408 statt bisher 380 Millimetern zum Einsatz.

Die LSA-Fünflenker-Hinterachse ist mit zusätzlichen Kugelgelenken für die besonders belasteten unteren Querlenker ausgestattet. Anstelle von Gummielementen sorgen sie nun auf der Innen- und Außenseite für eine praktisch spielfreie und damit besonders präzise Anbindung an die Karosserie. Andreas Preuninger: „Damit bieten sie eine besonders direkte Verbindung zur Straße.“

In der Praxis machen sich die Verbesserungen vor allem dann bemerkbar, wenn ein Profi am Steuer sitzt. Sicher, schon die selbst gefahrenen Runden auf dem anspruchsvollen Kurs am Bilster Berg zeigten, dass sich der GT3 wirklich ohne Probleme mit hohem Tempo um den Kurs prügeln lässt.

Aber mit einem Rennfahrer am Steuer und ich nebendran?! Ich habe vor Angst einen fahren lassen – ein Widerspruch an sich!

Fazit des Porsche 911 GT3 Test

Der neue 911 GT3 ist ein Rasierapparat für die Straße und beinahe auf Rennwagen-Niveau. Denn mit 6.59,927 Minuten nimmt der GT3 der Generation 992 seinem keinesfalls schwächlichen Vorgänger fast 13 Sekunden ab. Das sind nicht nur Welten, das sind schon Galaxien.

Leider muss, wer das am eigenen Leib spüren möchte, mindestens 171.000 Euro investieren. Und wer nicht unbedingt Rennstreckenrekorde anpeilt, der sollte auf das Touring-Paket warten. Denn auch diesen GT3 wird es ohne den mächtigen Schwanenhals-Heckflügel geben. (we/ampnet/ws)(Fotos: Auto-Medienportal.Net/Porsche)