Test Moto Guzzi V100 Mandello S

Test Moto Guzzi V100 Mandello S

Das Erste das mir beim Anblick des Test Moto Guzzi V100 Mandello S Motorrades einfiel war: wow! Die Italiener können vor allem Eines: Design! Ein wunderschönes Moped das mich an meinen Jugendtraum erinnerte – eine Guzzi Le Mans…

Doch was bietet dieses Bike an Neuigkeiten: einen komplett neuen Euro-5-Motor, moderne Assistenzsysteme, LED-Scheinwerfer mit Kurvenlicht, elektronisches Fahrwerk, dazu als Weltpremiere Aerodynamik-Deflektoren, die lautlos am Tank ausfahren – die neue V100 Mandello S ist eine Revolution für den Traditionshersteller aus Mandello del Lario.

Test Moto Guzzi V100 Mandello S
Test Moto Guzzi V100 Mandello S

Das beschauliche Städtchen am Comer See ist seit 101 Jahren die Heimat der Marke mit dem Adler-Logo. Der italienische Hersteller ist berühmt für seine zeitlos schönen Motorräder mit seitlich herausragenden Zylindern. Bei der neuen V100 hat Moto Guzzi sie aus Platzgründen um 90 Prozent gedreht und mit einem güldenen Zylinderkopfdeckel geschmückt.

Farben, Proportionen, Materialien – alle Komponenten der neuen Moto Guzzi V100 Mandello sind fein aufeinander abgestimmt. Der dicke Lenker und die moderate Sitzhöhe (815 mm) wecken Vertrauen. Der sonore Sound gefällt auf Anhieb, auch wenn der ein oder andere Guzzi-Veteran es vermutlich etwas ungezügelter bevorzugen würde.

Aber nun, die Zeiten ändern sich. Mit der V100 Mandello katapultiert sich Moto Guzzi mal eben mitten rein ins Epizentrum moderner Sporttourer – technisch, optisch, fahrdynamisch.

Zwei Versionen bietet Moto Guzzi an: die V100 Mandello mit voll einstellbarer Kayaba-Federung und die Mandello S mit elektronischem Öhlins-Fahrwerk. Die semiaktive State-of-the-Art-Federung namens Smart EC 2.0 verhilft auch leistungsstarken Straßenrennern wie Ducati Streetfighter V4 S und Triumph Speed Triple 1200 RR zu überragenden Fahreigenschaften.

Test Moto Guzzi V100 Mandello S 7
Test Moto Guzzi V100 Mandello S

Bei Moto Guzzi kommt erstmals ein Fahrwerk dieser Art zum Einsatz. „Das System kann den Asphalt quasi lesen und die Abstimmung der Maschine in Echtzeit an die Fahrbahngegebenheiten anpassen“, erklärt Fabio Gilardenghi, Chef- Kommunikator von Konzernmutter Piaggio.

„Der Charakter eines Roadsters. Die Seele eines Tourers“ – so bewirbt Moto Guzzi die Test Moto Guzzi V100 Mandello S. Vertretbare 233 Kilogramm wiegt sie fahrbereit.

Die S-Version hat serienmäßig einen Quickshifter an Bord für kupplungsfreies Rauf- und Runterschalten, für die V100 gibt es den Schaltautomaten gegen Aufpreis. Zwischen 3000 und 5000 Touren macht er seine Sache gut. Alternativ kann natürlich jederzeit die hydraulische Mehrscheiben-Antihopping-Kupplung im Ölbad bemüht werden. Auch diese kommt erstmalig bei einem Moto-Guzzi-V2-Motor zum Einsatz.

Als erstes Motorrad überhaupt verfügt die V100 über eine „adaptive Aerodynamik“. Rechts und links am Tank öffnen sich je nach Fahrmodus oder Geschwindigkeit zwei Deflektoren und stellen sich in den Fahrtwind. Das soll Luftturbulenzen besser um den Fahrer herumleiten und den Regenschutz erhöhen.

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Test Moto Guzzi V100 Mandello S

Bei moderatem Tempo (50 bis 80 km/h) und angenehmen Temperaturen (am Testtag 14 bis 21 Grad) fällt der Unterschied nicht weiter auf. Ab circa 90 km/h zieht es bei geöffneten Deflektoren weniger auf der Oberseite der Oberschenkel.

Ab welchem Tempo die Aerodynamikflügel aufklappen, konnten wir über das Bordmenü der Test Moto Guzzi V100 Mandello S konfigurieren: 70 km/h sieht die Grundeinstellung vor, von 30 bis 95 km/h sind möglich. Sinkt die gefahrene Geschwindigkeit um 20 km/h oder mehr, fahren die geöffneten Deflektoren lautlos wieder ein.

Vier Fahrmodi sind Serie. Motorbremsmoment, Motorkennfelder und Traktionskontrollstufen sind jeweils einstellbar, ebenso die Deflektoren. Im Rain-Modus sind sie werksseitig permanent geöffnet, im Tour-Modus je nach gewählter Geschwindigkeit.

In den Fahrprogrammen Sport und Road bleiben sie geschlossen, solange der Fahrer sie nicht im Menü aktiviert. Das Superhirn der neuen Guzzi umfasst unter anderem die elektronische Drosselklappensteuerung Ride-by-Wire für die präzise Abstimmung von Leistung und Verbrauch und die Sechs-Achsen-Inertiaplattform (IMU).

Letztere ist durch ihre Beschleunigungsmesser und Gyroskope in der Lage, die Position der Maschine im Verhältnis zur Fahrbahn zu erkennen. Auf diese Weise kann sie das Sicherheits-Potenzial der schräglagenabhängigen Assistenzsysteme wie Traktionskontrolle und Kurven-ABS voll ausschöpfen.

Der Fahrer bekommt von all dem Datenverkehr herzlich wenig mit. Die Test Moto Guzzi V100 Mandello S fährt herrlich unaufgeregt und souverän. Draufsetzen, Gas geben, wohlfühlen. 1042 Kubikzentimeter Hubraum hat der neue, kompakte 90-Grad-V2-Motor.

Er leistet 115 PS und liefert 105 Newtonmeter Drehmoment. Laut Sprecher Gilardenghi hat das neue Triebwerk nicht ein Bauteil mit den bisherigen V2-Motoren gemeinsam. Die Guzzi-typische Kardanwelle ist in die jetzt linksseitig geführte Aluminium-Einarmschwinge integriert.

82 Prozent des maximalen Drehmoments liegen bei 3500 Umdrehungen in der Minute an. Bis 6000 Touren macht der V100-Motor mächtig Spaß. Bei 9500 U/min. schlägt der Drehzahlbegrenzer zu. Die Brembo-Bremsanlage greift perfekt zu. Das Fahrwerk bügelt Asphaltnickeligkeiten mit der Grandezza eines Gran Turismo aus.

17 Liter fasst der Tank des Test Moto Guzzi V100 Mandello S Bikes. Moto Guzzi gibt einen Verbrauch von 4,7 Litern auf 100 Kilometer an, macht rund 360 Kilometer ohne Tankstopp. Der Testverbrauch am Comer See lag bei 5 Litern im Schnitt.

Vier Farben hat Moto Guzzi anfangs im Programm. Die V100 S kommt in „Grau-Avantgarde“ und „Grün 2121“, beide haben mattschwarze 17-Zoll-Räder. Die V100 gibt es mit gold-satinierten Felgen in „Weiß Polare“ und „Rot Magma“.

Die Preise beginnen bei 15.499 Euro für die V100 und 17.999 Euro für die V100 S. Beide sind ab sofort bei den Händlern. Nachschlag ist in Arbeit, nicht nur in Form des Sondermodells V100 Mandello Aviazione Navale (ab März 2023 für 16.999 Euro).

Reiseenduro-Fans dürfen sich auf die V100 Stelvio freuen, die Moto Guzzi auf der EICMA in Mailand ankündigt hat. (we/Ralf Bielefeldt/cen)(Fotos: Autoren-Union Mobilität/Moto Guzzi)

Daten Test Moto Guzzi V100 Mandello S

Antrieb: 90-Grad-V2, 4-Takt, flüssigkeitsgekühlt, 1042 ccm, Kardan, 6 Gänge
Leistung: 85 kW / 115 PS bei 8700 U/min
Max. Drehmoment: 105 Nm bei 6750 U/min
Höchstgeschwindigkeit: >200 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: k.A.
Tankinhalt: 17 Liter
Sitzhöhe: 815 mm
Gewicht: 233 kg (fahrbereit)
Normverbrauch: 4,7 l/100 km
CO2-Emissionen: 118 g/km
Testverbrauch: 5,0 l/100 km
Bereifung: 120/70-17 (v.), 190/55-17 (h.)
Preis: ab 15.499 Euro (+ Lieferkosten)