Test Abarth 600e

Test Abarth 600e

Mit unserem Test Abarth 600e, der in Zusammenarbeit mit Stellantis Motorsport auf einem realen Formel-E-Prüfstand entwickelt wurde, rollt nun der stärkste Serien-Abarth aller Zeiten zum Händler. Wie sein kleiner Bruder 500e zu 100 Prozent elektrisch, aber je nach gewählter Ausstattung als „Turismo“ mit 175 kW (240 PS) oder „Scorpionissima“ mit 207 kW (280 PS) unter der Haube.

Schon auf den ersten Blick zeigt die kleine Wuchtbrumme, dass ihr nicht an Zurückhaltung gelegen ist. Die breitere Spur, 20-Zoll-Felgen, spezielle Stoßfänger und der üppige Heckspoiler sorgen dafür, dass sie sich optisch deutlich von ihrem Zwilling Fiat 600 absetzt.

Test Abarth 600e
Test Abarth 600e

Hinzu kommen knallige Farben und die allgegenwärtigen Skorpion-Embleme außen wie innen – das Sternzeichen des Markengründers Carlo Abarth ist allgegenwärtig. Dezent ist hier mal gar nichts.

Sportlich, wenn auch nicht ganz so extrovertiert wie die Karosserie, gibt sich das Cockpit. Alcantara-Lenkrad, gelbe Ziernähte und Schalensitze mit gutem Seitenhalt sorgen für Rennsport-Feeling, auch wenn letztere den Fondpassagieren ein wenig die Beinfreiheit rauben.

Das Stellantis-Infotainment mit Abarth-spezifischen Menüs wirkt funktional, könnte aber auch noch einen Tick individueller und intuitiver sein. Auch das viel Hartplastik schmälert den exklusiven Eindruck, was angesichts des stolzen Preises eher enttäuschend ist. Auch der Kofferraum bleibt mit 360 Litern solide, aber nicht überragend.

Test Abarth 600e
Test Abarth 600e

Auf der Straße überrascht unser Test Abarth 600e zunächst mit seinem Komfort. Trotz der Tieferlegung und der großen Räder bleibt er erstaunlich gutmütig. Die hydraulischen Axiallager der Aufhängung filtern Unebenheiten besser als erwartet, aber nicht perfekt. Sportlich abgestimmt ist er natürlich trotzdem, was man vor allem auf schlechten Straßen spürt.

Polarisierend ist der künstliche Motorsound, der über einen Hecklautsprecher sogar nach draußen tönt. Während manche den „Auspuff 2.0“ als spaßige Spielerei empfinden, wirkt er für andere eher wie ein fragwürdiger Marketing-Gag. Zum Glück kann man ihn abschalten – und geschieht das, merkt man erst, wie anstrengend das sonore Brummen auf Dauer ist.

Die Kraftentfaltung des Abarth ist ohne Zweifel beeindruckend. Die 280 PS der Scorpionissima-Version katapultieren den Wagen in 5,85 Sekunden (!) auf 100 km/h. Maximal sind 200 km/h drin – laut Tacho auch noch ein bißchen mehr.

Wer sich für die „schwächere“ Turismo-Variante entscheidet, braucht vier Zehntelsekunden länger. Doch die reine Leistung ist nur ein Teil der Fahrfreude. Ein Torsen-Sperrdifferential sorgt für hervorragende Traktion und Agilität, die sich gerade bei der schnellen Kurvenhatz bezahlt macht.

Auf Strecke zeigt der 600e, dass er es durchaus mit den großen Sportwagen aufzunehmen weiß. Er lenkt präzise ein, bleibt stabil und setzt seine Leistung souverän um. Dennoch wird hier auch sein größtes Manko deutlich: die Batterie.

Test Abarth 600e 3

Mit 54 kWh ist sie schlicht zu klein für artgerechte Performance-Einsätze. Wer ihn nämlich etwas stärker ran nimmt, sieht die Reichweite in atemberaubendem Tempo schrumpfen. Zwar wurde das Thermomanagement so optimiert, dass die volle Leistung abrufbar bleibt, doch am Ende ist es die begrenzte Kapazität, die den Spaß vorzeitig beendet. Immerhin soll sich der Akku mit bis zu 100 kW laden, sodass man in 27 Minuten wieder von 20 auf 80 Prozent käme – aber eben auch das nur, wenn eine Schnellladestation in der Nähe ist.

Bleibt die Frage, wie alltagstauglich der Abarth wirklich ist. Die WLTP-Reichweite von 321 Kilometern klingt zunächst solide, dürfte in der Praxis aber je nach Fahrweise deutlich geringer ausfallen. Denn wenn der Abarth 600e „geboren ist, um das Rennsport-Gefühl zu vermitteln“, wie Produktmanagerin Vanessa Schwalm klar stellt, wird deutlich häufiger nachladen müssen, als einem lieb ist.

Ein weiteres Problem: Für einen Kleinwagen ist der Abarth sehr teuer, wenn nicht sogar zu teuer. Die Turismo-Version startet bei 44.900 Euro (oder 399 Euro Leasing), wenn auch schon mit üppiger Grundausstattung wie Sperrdifferenzial, Voll-LED-Scheinwerfer, Sportsitze mit integrierter Kopfstütze, Sportlenkrad mit Alcantara-Einsätzen und 20-Zoll-Leichtmetallfelgen.

Die auf 1949 Exemplare (Abarth-Gründerjahr) limitierte Scorpionissima-Edition kostet sogar 48.900 Euro, dann mit Racingsitzen, elektrische Heckklappe, 360-Grad-Parksensoren, kabelloses Smartphone-Pad, Metallic-Lackierung, gelb lackierte Bremssättel und Soundgenerator.

Vergleicht man ihn mit der Konkurrenz, wirkt das Angebot nicht gerade günstig. Der Alfa Romeo Junior Veloce mit gleicher Technik kostet ähnlich viel (48.500 Euro), bietet aber eine hochwertigere Innenausstattung.

Test Abarth 600e
Test Abarth 600e

Ein Cupra Born mit 231 PS ist günstiger (41.450 Euro), ebenso der MG4 XPower mit 245 PS (46.990 Euro). Selbst der VW ID.3 GTX Performance mit 286 PS (48.725 Euro) spielt preislich in einer ähnlichen Liga, bietet aber mehr Reichweite. Das bringt den Abarth in eine schwierige Position – er ist sportlich, spaßig und extravagant, aber er muss sich seinen hohen Preis auch erst verdienen.

Am Ende bleibt ein zwiespältiges Fazit. Unser Test Abarth 600e ist ein sehr emotionales Auto, das mit seiner Agilität und Leistung überzeugt. Die Fahrdynamik macht Spaß, das Sperrdifferential sorgt für Traktion, und der künstliche Motorsound sorgt zumindest für Gesprächsstoff.

Doch die Schwächen sind nicht zu übersehen. Die Reichweite ist begrenzt und das Preis-Leistungs-Verhältnis wohl nur was für echte Fans. Der Skorpion lebt, und sein Stich tut so manchem weh. (we/aum)(Fotos: Autoren-Union Mobilität/Frank Wald/Stellantis)

Daten Test Abarth 600e Scorpionissima

Länge x Breite x Höhe (m): 4,19 x 1,81? ? x 1,50
Radstand (m): 2,56
Antrieb: Elektrisch, 207 kW (280 PS), Frontantrieb, 1-Gang-Automatikgetriebe
Max. Drehmoment: 345 Nm
Höchstgeschwindigkeit: 200 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 5,85 Sek.
WLTP-Durchschnittsverbrauch: 18,0 kWh
Batteriekapazität: 54 kWh brutto / 51 kWh netto
Reichweite (WLTP): 321 km
Ladeleistung: 11 kW AC/ 100 kW DC
Leergewicht / Zuladung: 1640 kg / k.A.
Kofferraumvolumen: 360 Liter
Basispreis: 48.900 Euro