Zwischen E10 und B10: Ängste und Wahrheiten zu Biokraftstoffen

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biokraftstoffBMU/B. Hiss/Auto-Reporter.NET

Biokraftstoff. Der Begriff steht gleich für mehrere Energieträger nicht fossilen Ursprungs, als da sind: Bioethanol, Biodiesel, Biogas, Biowasserstoff, Pflanzenöl und synthetische Kraftstoffe aus Biomasse, kurz BtL („Biomass to Liquid“, also verflüssigte Biomasse). Zu viel auf einmal! Laien auf diesem Wissensgebiet können sich weder ein klares Bild von den Vor- und Nachteilen machen noch die Risiken erkennen, die mit der Orientierung auf einen forcierten Einsatz von Biokraftstoff verbunden sind…

Jetzt hat ein Kongress der Biokraftstoffbranche im ICC Berlin auch Antworten auf Fragen gegeben, die die Hersteller und die Besitzer von Kraftfahrzeugen beschäftigen. Die jüngste Debatte, ob der jetzt ins Angebot kommende Kraftstoff Super E10 mit zehnprozentiger Beimischung von Bioethanol von allen Ottomotoren vertragen wird, hat gezeigt, wie sich umweltpolitische Forderungen an der Praxis reiben können. Natürlich kann man Autobesitzern nahelegen, sich beim Hersteller ihrer Fahrzeuge zu erkundigen, ob der neue Kraftstoff schadlos getankt werden kann oder warum bestimmten Motoren, vor allem wohl deren Dichtungen, die Beimischung von Bioethanol schlecht bekomme.

Pragmatisch aber ist nicht, von Automobilherstellern zu erwarten, dass sie Tausende Anfragen beantworten. Doch werden Fahrzeugbesitzer in Unsicherheit gelassen, braucht man sich über deren zunehmenden Unmut nicht zu wundern. Dass nicht jede Verordnung mit umweltpolitischer Würze von der Motortechnik schadlos hingenommen wird, ist Fakt. Ableiten lässt sich das von warnenden Herstellerhinweisen, dass keineswegs jeder Motor Super E10 vertrage. Und nebenher gibt es Stimmen, dass die Beimischung von zehn Prozent Ethanol kein Beitrag zum Klimaschutz sei. Aussagen, die nur bewerten kann, wer mit der Materie vertraut ist. Jeder allerdings weiß, dass es stets brenzlig wird, sobald Ideologie über Vernunft und Verstand triumphieren will.

Beim 8. Internationalen Fachkongress „Kraftstoffe der Zukunft“ in Berlin mit mehr als 450 Teilnehmern aus dem In- und Ausland war reichlich Gelegenheit, die Bedeutung von Biokraftstoff zu unterstreichen. Im schwerfälligen Jargon der Veranstaltung hieß das: „Erfahrungen mit der Umsetzung der Nachhaltigkeitskriterien für Biokraftstoffe in die Praxis, die sich daraus ergebenden Anforderungen an die Branche sowie die Folgen für die Marktentwicklung der unterschiedlichen Biokraftstoffe“.

Dem Stichwort „Dioxin“ widmete sich bei einer gemeinsamen Pressekonferenz des Bundesverbandes BioEnergie (BBE) und der Union zur Förderung von Öl- und Proteinpflanzen e.V, (UFOP) der Vorsitzende der Union, Dr. Klaus Kliem, gleich zu Beginn seiner Rede, die der aktuellen Situation in Sachen Biodiesel galt. Durch die Schlagzeilen der Medien in den vergangenen Wochen sei die gesamte Biodieselbranche in der Öffentlichkeit unverschuldet in Generalverdacht geraten. Dabei habe der Biodieselhersteller PETROTEC AG „die abgegebenen Fettsäuren richtig deklariert“. Bekanntlich sei „die kriminelle Handlung woanders vollzogen“ worden.

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Die wirtschaftliche Situation der Biodieselindustrie in Deutschland skizzierte Dr. Kliem so: Die derzeitige Produktionskapazität betrage etwa fünf Millionen Tonnen. Die Beschränkung auf eine siebenprozentige Zumischung von Biodiesel zu Diesel lasse aber nur eine maximale Zumischung von etwa 2,2 Millionen Tonnen Biodiesel zu. Rund 300.000 Tonnen Biodiesel seien 2010 als Reinkraftstoff vermarktet worden. Der bis Ende 2012 gültige Biodiesel-Steuersatz betrage 18,6 Cent pro Liter.

Wie geht es weiter bei der Beimischung von Biodiesel? – Eine Markteinführung von B10 lasse angesichts der Normungsaktivitäten auf europäischer Ebene sicherlich noch zwei bis drei Jahre auf sich warten.

Kritik erntete auf dem Biokraftstoff-Fachkongress auch die EU-Kommission. Der Grund: die schleppende EU-weite Umsetzung von Kriterien für eine nachhaltige landwirtschaftliche Produktion von Biomasse, aus der Biokraftstoff gewonnen wird. Deutschland ist das erste, aber auch das einzige Land, das anhand der EU-Kriterien entsprechende Regelungen zum Nachweis einer nachhaltigen Produktion und Nutzung von Biomasse bereits erlassen hat.

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Die deutsche Vorreiterrolle aber gerät zum Nachteil. Deutsche Produzenten müssen hinnehmen, dass die Zertifizierung ihrer Biokraftstoffe mit Kosten verbunden ist. Zudem werden die in Deutschland umgesetzten Regelungen, Dokumente und Nachweise „längst nicht von allen EU-Staaten anerkannt“. So sei beispielsweise auch der Import von Biomasse aus den Nachbarstaaten für die Produktion von Biokraftstoff „mangels gegenseitiger Anerkennung der Systeme“ eingeschränkt.

Die EU-Kommission wurde auf dem Berliner Kongress der Biokraftstoffbranche nachdrücklich aufgefordert, eingereichte Zertifizierungssysteme umgehend zu prüfen, um mit deren Anerkennung die nationale Umsetzung in allen Mitgliedsstaaten so bald als möglich vollziehen zu können. Deutschland habe seine Hausaufgaben gemacht und die Nachhaltigkeitsstandrads für Biokraftstoffe umgesetzt. (Auto-Reporter.NET/Wolfram Riedel)

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