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Was hat Peter Lustig mit Reifen zu tun?

Löwenzahn gibt Gummi für Reifen! Fotos: © Monika 3 Steps Ahead/Fotolia.com, Continental AG

Gar nix. Aber der Titel seiner Sendung. Beziehungsweise der umgangssprachliche Name einer Pflanze: Löwenzahn. Bei Kindern ist er als Pusteblume beliebt, Kaninchen schätzen ihn als Delikatesse: Jetzt ist auch die Kautschukindustrie an Löwenzahn interessiert. Denn Wissenschaftler der Universität Münster haben den Milchsaft erforscht und Erstaunliches entdeckt: Löwenzahn produziert Kautschuk – in der gleichen Qualität wie der Saft des Kautschukbaums.

Damit könnte das Wildkraut in Zukunft zu einem wichtigen Gummilieferanten werden. Der Automobilzulieferer Continental hat diese Forschungsergebnisse aufgegriffen und engagiert sich für deren Weiterentwicklung. Das Unternehmen gehört zu einem Konsortium aus Forschungsinstituten und Industriepartnern, das die Idee zur Marktreife führen will. Beim bundesweiten Wettbewerb „Land der Ideen“ wurde das Projekt sogar als Zukunftsidee ausgezeichnet.

Als alternativer Rohstoff-Lieferant für Kautschuk gilt Löwenzahn in der Industrie als Problemlöser. Denn herkömmlicher Naturkautschuk, der aus dem Saft des Gummibaums – vor allem in Südostasien – gewonnen wird, hat gleich mehrere Nachteile: Die weltweite Nachfrage übersteigt das Angebot. Der Kautschukbaum ist zudem vom Pilzbefall bedroht. Synthetisch hergestellter Kautschuk ist als Erdölprodukt wiederum abhängig von den Rohstoffvorkommen, die Preise auf den Weltmärkten schwanken daher stark.

Professor Dr. Dirk Prüfer vom Institut für Biologie und Biotechnologie der Pflanzen an der Universität Münster bestätigt die Qualität von Löwenzahn: „Die ersten Forschungsergebnisse belegen eindeutig, dass der russische Löwenzahn einen hochqualitativen Naturkautschuk produziert. Seine physikochemischen Eigenschaften entsprechen denen des brasilianischen Gummibaums. Die industrielle Nutzung von Naturkautschuk aus Löwenzahn setzt jedoch seine großflächige Kultivierung voraus. Ich hoffe, der Löwenzahn zählt in absehbarer Zeit zu den Nutzpflanzen in Deutschland, verdient hätte er es.“ Die Biochemiker haben ein Enzym entdeckt, das für die schnelle Gerinnung des Milchsafts sorgt. Es gelang ihnen, dieses Enzym „abzuschalten“, sodass der Saft mit Hilfe der Experten jetzt frei fließen und abgeschöpft werden kann. Das ist ein wichtiger Fortschritt, denn der Anteil von Kautschuk in einem Reifen ist hoch: „Der Pkw-Reifen ContiPremiumContact 2 besteht zum Beispiel zu 41 Prozent aus Kautschuk“, bestätigt Alexander Lührs, Leiter Öffentlichkeitsarbeit Pkw-Reifen bei Continental.

Nach Ansicht von Forschern könnte in der Zukunft rund ein Zehntel des deutschen Kautschukbedarfs aus Löwenzahn gewonnen werden. „Aus Sicht der Materialentwicklung ist dieses Projekt von hohem Interesse“, ergänzt Dr. Boris Mergell, Leiter Material- und Prozessentwicklung & Industrialisierung Reifen bei Continental. „Denn wenn die Nutzung als Naturkautschukquelle gelingt, ist der Löwenzahn mit seiner nur einjährigen Vegetationsperiode von Aussaat bis Ernte auch im Blick auf die Rohmaterialversorgung interessant, da relativ kurzfristig auf die Angebotsschwankungen reagiert werden kann. Das Anlegen einer herkömmlichen Kautschukplantage hingegen braucht vom ersten Spatenstich bis hin zur ersten Ernte ungefähr fünf bis sieben Jahre.“

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