Für die Software im aktuellen Golf musste VW in der Vergangenheit viel Kritik und Spott einstecken. Sowohl einzelne Fehlfunktionen wie auch die fehleranfällige Bedienlogik ließen Experten wie Kunden nicht selten irritiert zurück. Aber auch bei der Hardware hapert es, wie etwa an den schlecht zu bedienenden Lautstärke- und Temperatur-Slidern, die dazu noch nachts unbeleuchtet sind.
„Wir haben verstanden und die Rückmeldungen unserer Kunden zu Herzen genommen“, sagt Axel Heinrich, Leiter Elektrik/Elektronikentwicklung bei VW.
Herausgekommen ist eine Soft- und Hardware-Aufwertung, die in den nächsten Wochen in die Serienproduktion einfließen soll, und vor allem das Infotainment im Golf schneller, leistungsfähiger und stabiler machen soll.
So sollen nun schon beim Start des Systems Sprachbedienung und Navigation erheblich schneller als bisher hochfahren und verfügbar sein. Das gilt ebenso für den Umgang mit der Navi-Karte und für das Scrollen in Listen.
Grundsätzlich kommt die neue Software mit weniger Systemschnittstellen als bisher aus. Das macht es leichter, Online-Funktionen wie Nachrichten oder Wetterbericht künftig zusätzlich zu integrieren. Viele Funktionen können auch Over-The-Air übertragen werden, so dass auch die Bestandsmodelle ohne Werkstattbesuch in den Genuss der Neuerungen kommen.
Vor allem die Sprachbedienung soll nun bis zu viermal schneller reagieren. Dabei wird mit „Hallo Volkswagen“ die sogenannte „natürliche Sprachsteuerung“ gestartet, mit der das Entertainment, die Navigation, die Telefonie und die Klimatisierung gesteuert werden kann. Weil die stark gestiegene Verständnis-Quote jetzt etwa 95 Prozent erreichen soll, versteht das System nun auch freie Formulierungen des Alltags wie „Mir ist kalt.“ oder „Wo gibt es in Berlin japanische Restaurants?“.
Das optimierte System stellt aber auch Rückfragen oder lässt sich ins Wort fallen. Und dank digitaler Mikrofone soll es sogar erkennen, ob der Fahrer oder der Beifahrer spricht, um etwa die Klimatisierung im Fahrzeug gezielt der richtigen Person zukommen zu lassen.
Die Antworten und Vorschläge der Sprachbedienung stammen aus zwei Quellen – aus der Cloud und den offline im Fahrzeug abgelegten Informationen. Der Online-Abgleich steigert die Ergebnisqualität, die Offline-Infos sind auch dort verfügbar, wo es kein Mobilfunknetz gibt, wie etwa in der Tiefgarage.
Sowohl online als auch offline sollen die Antworten und Reaktionen jetzt bis zu viermal schneller eintreffen als bisher. Wenn der Kunde möchte, kann er die Anfrage oder das Kommando auch per Touch auf dem Display abschließen, die entsprechenden Menüs sind dort bereits geladen.
Eine weitere Verbesserung beim Infotainment betrifft den Touchscreen. Wenn sich der Finger ihm auf wenige Zentimeter annähert, werden die Tasten um den Warnblinkschalter nun gesperrt. Sobald der Finger das Display berührt, bezieht die Blockade auch die Slider für Lautstärke und Temperatur mit ein.
Das unbeabsichtigte Auslösen von darunter angeordneten Bedienfeldern soll damit so gut wie ausgeschlossen sein. Die Bedienung des kapazitiven Displays selbst bleibt hingegen unverändert: Eine leichte Berührung genügt, um die gewünschte Funktion auszulösen. Eine zusätzliche Infrarot-Annäherungssensorik soll außerdem eine Gestensteuerung aus mehreren Zentimetern Entfernung ermöglichen.
Hinter dem Infotainment-Upgrade im Golf steht der Modulare Infotainmentbaukasten (MIB3), der im Zuge der Aufwertung ebenfalls verbessert wurde. Dabei zielten die Software-Optimierungen auf eine starke Reduzierung der Grundlast ab, um mehr Leistung für Programme und Funktionen zu schaffen.
Auf der Hardware-Seite zieht ein leistungsfähigeres System on Chip (SoC) in den MIB 3 ein, dessen Zentralprozessor (Central Processing Unit, CPU) nun aus vier Kernen besteht, inklusive Grafikkarte und digitalen Signalprozessor für den Audio-Bereich. Damit bietet die neue Chip-Einheit etwa 25 Prozent mehr Rechenkapazität, bei der Grafikkarte verdreifacht sich die Leistung.
Für den Kunden bedeutet dies vor allem mehr Speed. Bei einer typischen Navigations-Zieleingabe beispielsweise steht die Ergebnisliste in der Regel schon nach weniger als fünf Sekunden bereit, viel schneller als bisher.
Nur einen „Pain-Point der Kunden“ konnte das Team um Axel Heinrich nicht auf die Schnelle beseitigen: Die Slider sind immer noch unbeleuchtet. „Das wäre eine etwas größere Operation am Herzen, weil Hardware auch entsprechende Änderungen auf der Werkzeugseite bedeuten“, sagt der Elektronik-Experte und vertröstet auf die nächste Generation, in der „wir das garantiert korrigieren werden“. (we/aum/fw)(Foto: Autoren-Union Mobilität/VW)