Zontes 350 GK Test Bike

Zontes 350 GK Test Bike: Tolles Bike

Optisch ist unser Zontes 350 GK Test Bike ein echter Blickfang. Und vor dreieinhalb Jahren schon hinterließ die Zontes 310 X bei uns vor allem in Sachen Ausstattung einen sehr guten Eindruck. Mit der Hubraumaufstockung auf 350 Kubik hat die Marke nicht nur im Zylindervolumen zugelegt, sondern auch nochmals in diesem Punkt.

Äußerlich lässt sich die Zontes 350 GK nicht wirklich eindeutig zuordnen. Klein steht am Seitendeckel „Sportscafé“. Wie beim Auto treiben die Klassifizierungen ja auch im Motorradbau inzwischen kräftig Blüten, Honda hat es Zontes ja zum Beispiel mit seinen ähnlich eingestuften Modellen der eigens geschaffenen Kategorie „Neo Sports Café“ vorgemacht.

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Zontes 350 GK Test Bike

Nun gut, da das Doppelendrohr des Einzylinders hoch verlegt ist und die Spiegel am Lenkerende angebracht sind, könnte man sich vielleicht auf Café Scrambler einigen. Für den Café Racer fehlen ihr aber eigentlich die Lampenmaske und der Höcker, für die Scrambler der höhere Lenker und Stollenbereifung.

Egal, was die Buchstabenkombination GK nun bedeuten mag, schick anzusehen ist diese Maschine allemal. Unser schwarz lackiertes Exemplar trug gold eloxierte und außen eingespeichte Felgen, den Schriftzug „GK“ in Gold und Silber auf dem Tank, dazu kommen neben den beiden Endrohren noch die auffällige Scheibenbremsenabdeckung vorne.

Es gibt Lenkerendenspiegel mit vernünftigen Überstülpungen auf den Originalgewinden (das ist selbst bei etablierten Marken keine Selbstverständlichkeit) und serienmäßig Sturzpads am Motor sowie Handschutzbügel und eine gestufte Sitzbank.

Zunächst meldet sich die schlüssellos zu startende Zontes mit einem Klacken zu Wort, wenn das Lenkradschloss elektronisch (!) entsperrt wird. Nach dem Druck auf den Anlasserknopf ertönt es dann dumpf und vollmundig aus der zweiflutigen Abgasanlage. Der satte Klang stünde auch hubraumgrößeren Maschine gut zu Gehör. So weit passt es also schon mal.? ?

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Zontes 350 GK Test Bike

Übrigens, auch Tankdeckel und Sitzbank werden via Tastendruck elektronisch entriegelt. Das Farbdisplay des Cockpits begrüßt den Fahrer mit einem maskierten Gesicht und leuchtend blauen Augen, das irgendwo aus dem Marvel- oder DC-Universum entsprungen zu sein scheint.

Wir fühlen uns irgendwie an Iron Man erinnert. Und was dann folgt ist tatsächlich großes Kino (GK?) – offenbaren sich doch im Menü neben vier verschiedenen Anzeige-Modi (Casual, Race, Street und Simple) nicht nur Dinge wie Bluetooth, sondern sogar Apple Carplay und Android Auto. Und die Reifensensoren zeigen nicht nur den Luftdruck an – sie kennen auch noch die Temperatur von Vorder- und Hinterrad.

Auch hier können selbst etliche Premiumbikes wieder nicht mithalten. Mit der Hubraumaufstockung stieg die Leistung um vier auf 39 PS. Sie liegen zudem jetzt 500 Umdrehungen in der Minute eher an. Das maximale Drehmoment steigt von 30 auf 33 Newtonmeter bei nach wie vor 7500 Touren. Ergonomisch passt alles. Die Haltung ist aufrecht, der Lenker liegt gut in der Hand, das Knie perfekt am Tank an, und das Sitzpolster bietet dem Fahrer noch genügend horizontalen Spielraum.

Die Leistungsentfaltung des wassergekühlten Einzylinders erfolgt linear und mit Dampf aus dem Keller. Zwischen 5200 und 6500 Umdrehungen in der Minute dringen allerdings Vibrationen an Hand, Fuß und vor allem am Gesäß durch. Hier fehlt es dem Motor, wie schon dem 312-Kubik-Vorgänger ab 6500 Touren, etwas an Kultiviertheit. Während in diesem Punkt der Vergleich nicht groß verwundert, darf an anderer Stelle doch ein wenig gestaunt werden.

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Zontes 350 GK Test Bike

Die 350 GK bringt gegenüber der seinerzeit von uns gefahrenen 310 X gleich 29 Kilogramm mehr mit. Und das fühlt man auch. Trotz mehr Leistung und Drehmoment muss sich die 350er bei der Endgeschwindigkeit mit offiziellen 129 km/h gegenüber Tempo 150 geschlagen geben. Zum Trost sei erwähnt, dass die Spitzengeschwindigkeit ohne Mühe erreicht wird. Unsere persönliche Tacho-Bestmarke waren 147 km/h bei 8900 Touren – erzielt in der Ebene. Der Motor scheint ohnehin ab 7000 U/min noch einmal etwas tiefer Luft zu holen. Der Unterschied zwischen den beiden Fahrstufen „E“ und „S“ ist hingegen kaum spürbar. Das war auch bei der 310 schon so. Verlangt wird allerdings nach wie vor Super E5.

Die Schaltwege sind angenehm kurz, die Gangwechsel erfolgen präzise. Die Kupplung erfordert hingegen ein am – natürlich einstellbaren – Hebel ein wenig Kraft. Die Bremsen hinterlassen einen zweigeteilten Eindruck. Die Vorderradbremse wirkt stumpf, hinten hingegen erfreut die Zontes mit raschem Ansprechverhalten und fein dosierbarer Verzögerung.

Mit der Rücktrittbremse lässt sich die 350 GK wunderbar auf der Landstraße dirigieren. Es sollte allerdings penibel auf den richtigen Reifendruck (immerhin 2,8 bar) geachtet werden, denn die CTS-Originalbereifung vieler chinesischer Motorräder zählt bekanntermaßen nicht zu den besten. Ist die Herstellervorgabe aber etwas übererfüllt, gibt es an Geradeauslauf und Spurstabilität in Kurven an der Zontes 350 GK grundsätzlich nichts auszusetzen.

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Zontes 350 GK Test Bike

Das alles gibt es für freundliche 5270 Euro im Vertrieb der italienischen Trial- und Enduro-Kultmarke Beta. Und wer mit einer Sportscafé nicht nur wegen des Namens nichts anzufangen weiß, für den hält Zontes auch im 350-Portfolio nach wie vor ein Naked Bike, einen Sporttourer und eine Reiseenduro sowie den einzigen Powercruiser (!) im Segment bereit. (we/cen)(Fotos: aum)

Daten Zontes 350 GK

  • Motor: 1-Zylinder, 348 ccm, wassergekühlt
  • Leistung: 29 kW / 39 PS bei 9000 U/min
  • Max. Drehmoment: 33 Nm bei 7500 U/min
  • Höchstgeschwindigkeit: 129 km/h
  • Beschleunigung 0–100 km/h: k.A.
  • Getriebe: sechs Gänge
  • Antrieb: Kette
  • Tankinhalt: 17 Liter
  • Sitzhöhe: 815 mm
  • Gewicht: 188 kg (fahrbereit)
  • Normverbrauch: 3,7 l/100 km
  • CO2-Emissionen: 85 g/km
  • Zuladung: 180 kg
  • Bereifung: 120/70-17 (v.), 160/60-17 (h.)
  • Preis: 5270 Euro