Er war in seiner ersten Generation ein sportlicher gezeichneter, individuellerer BMW X1, und das bleibt der X2 auch in seiner zweiten Modellgeneration. Wir haben das in allen Dimensionen gewachsene Modell unter die Lupe genommen.
Gefahren sind wir die stärkere von zwei Elektrovarianten namens iX2 x-Drive 30 mit 230 kW (313 PS) und Allradantrieb sowie die oberste Verbrenner-Ausbaustufe mit 2,0-Liter-Vierzylinder-Ottomotor, die auf die Modellbezeichnung X2 M35i x-Drive hört und mit Vierradantrieb 300 PS (221 kW) leistet.
Interessanterweise ist das Elektroauto unter diesen zwei Typen deutlich billiger: Sie steht mit 56.500 Euro in der Preisliste. Der von uns gefahrene Verbrenner kostet stolze 63.800 Euro.
Mit scharf gezeichneten Linien und einem ausgeprägten Schrägheck hebt sich der X2 stilistisch deutlich vom X1 ab – Verwechslungsgefahr ausgeschlossen. Und auch die Antriebsvarianten sind deutlich voneinander differenziert.
Sowohl iX2 als auch der M35i verfügen über eine andere Frontmaske als die regulären X2-Modelle, der M35i bekennt sich darüber hinaus überdeutlich zum Verbrennungsmotor, nämlich mit vier funktionalen Auspuffrohren – einem für jeden Zylinder.
Der Grill kann jetzt beleuchtet werden, und BMW behauptet, X1 und X2 seien nun leichter voneinander zu unterscheiden. Diese implizite Kritik am Vorgänger trifft unserer Auffassung nach nicht unbedingt zu, denn schon der bisherige X2 teilte keine Blechteile mit dem Ausgangsmodell.
Wie alle neuen BMW ist auch der X2 mit einer Vielzahl von Assistenzsystemen ausgerüstet, die das klassenübliche Maß sprengen. Die elektronischen Gimmicks werden auf die Spitze getrieben mit sogenanntem „Gaming-Content“: Wer mag, kann sich allfällige (Lade-)Pausen mit Videospielen vertreiben, und das ist insbesondere für die Elektrovariante eine hübsche Idee.
Die M-Performance-Variante und der iX2 markieren unterschiedliche Pole der Modellpalette, und sie fahren sich tatsächlich anders. Steigen wir zunächst in den X2 M35i ein und notieren: Der Spiegel im spezifischen M-Design ist zu groß geraten, man kann am Spiegelfuß nicht durchgucken. 21-Zoll-Räder, Sportsitze mit griffigem Alcantara und ein Lederlenkrad mit der obligatorischen, roten 12-Uhr-Markierung unterstreichen die sportlichen Prätentionen dieses Modells.
Dieser Eindruck manifestiert sich, sobald das 300-PS-Auto Fahrt aufnimmt. Die Sitze geben guten Halt, hinten könnte für Großgewachsene etwas mehr Platz sein. Der Klang ist sportlich und ehrlich: Genau so muss ein kraftvoller Vierzylinder klingen, hier wird kein Sechs- oder Achtzylinder simuliert.
Die Siebengang-Automatik ist für normale Gangart perfekt abgestimmt, bei forciertem Tempo für unseren Geschmack aber etwas zu nervös. Die Bremse ist gut dosierbar und packt kräftig zu, die Lenkung allerdings ist in der Mittellage etwas zu weich und unpräzise, bis sie dann deutlich fester wird.
Bodenwellen schlagen etwas zu stark durch. Insgesamt wirkt das Auto zu hart und forciert sportlich abgestimmt, vor allem für Mitfahrer. Die Beschleunigung: von 0 auf 100 km/h in 5,4 Sekunden. Verbraucht haben wir auf schnellen Landstraßen 10,7 Liter pro 100 Kilometer, es ist bei verhaltener Fahrweise aber kein Problem, zwei bis drei Liter weniger zu verbrauchen und sich damit dem offiziellen WLTP-Wert zu nähern.
Umstieg in den iX2 und in ein ganz anderes Ambiente. Schon der normale Spiegel ist anders gestaltet: Man kann ganz gut daran vorbeisehen. Die gelaserten Linien als Armaturenbretteinlage wirken edel, genau wie der Softlack um die Schalterflächen und die alubeschichteten Zierteile.
Mit seinem Elektroantrieb ist der iX2 insgesamt harmonischer und runder abgestimmt als die M-Performance-Version. Die Leistungsentfaltung ist sehr gut, die Abstimmung für dieses komfortbetontere Modell geradezu perfekt. Der Spurt von 0 auf 100 km/h dauert hier 5,6 Sekunden, und unser Verbrauch lag bei 17 kWh pro 100 Kilometer – deutlich näher am WLTP-Wert als beim Ottomotor.
Bei verhaltener Fahrweise lassen sich bis zu 450 Kilometer erreichen, und der 64,8-kWh-Akku kann mit bis zu 130 kW geladen werden. Dass der iX2 mit einem EU-Leergewicht von 2095 Kilogramm mehr als 300 Kilogramm schwerer ist als der nicht eben schlanke X2 M35i (1770 kg), ist ihm auf der Straße nicht anzumerken.
Nur einen Unterschied kann das Elektroauto mit seinen 494 Newtonmetern Drehmoment (M35i: 400 Nm) nicht überspielen: Bei 180 km/h ist Schluss. Der Verbrenner läuft 250. Die zwei sehr unterschiedlichen Antriebsvarianten können jeweils auf ihre spezifische Weise überzeugen.
Wer nicht so viel Leistung braucht und sich mit Frontantrieb begnügt, bekommt den neuen X2 mit Ottomotor ab 46.400 Euro, dann leistet er 170 PS (125 kW); die günstigste Elektrovariante, ebenfalls mit Frontantrieb, kostet 49.400 Euro und leistet 150 kW (204 PS).
Übrigens leistet sich BMW auch noch die politische Inkorrektheit, den X2 mit Dieselmotor anzubieten – und das ist vielleicht die vernünftigste Art, dieses sportlich angehauchte Crossover-SUV zu bewegen. (we/cen)(Fotos: aum/Matthias Knödler)