Vorstellung Mercedes-Benz SLR McLaren Roadster


Mercedes-Benz SLR. Foto: Auto-Reporter


Vorstellung Mercedes-Benz SLR McLaren Roadster

Schon seine Vorfahren verlangten den ganzen Kerl. Mut und Erfahrung gehörte dazu und ein gehöriges Maß an Kraft, um dem berühmten Mercedes-Benz 300 SL Flügeltürer schnell über Straßen und Rennstrecken zu bewegen. Und dennoch ist der „Gullwing“ bis heute ein Traumauto geblieben. Den ganzen Kerl – sei er nun männlich oder weiblich – fordert auch der neue Flügeltürer aus den Häusern Mercedes-Benz und McLaren – der SLR Roadster.

Parallelen bieten sich einige an, nicht nur die Flügeltüren, die beim Nachfolger der Legende allerdings nicht nach oben, sondern nach vorn schwingen. Da sind die Bremsen, die ihre Arbeit zwar sanft beginnen, aber nach einem kräftigen Tritt verlangen, wenn man die mehr als 2000 Brems-PS spüren will oder die Lenkung, die sportlich direkt und genau ihren Dienst versieht, aber ebenfalls Kraft verlangt. Dies ist kein Allerweltsauto, in das man sich einfach hinsetzen und sich wohlfühlen kann.

Mercedes-Benz SLR. Foto: Auto-Reporter

Um einen sportlichen Alltagsflitzer zu bauen, hätten sich die beiden Unternehmen nicht zusammentun müssen. Sie wollten eine Ikone schaffen, ein Auto, das man sich erobern muss, um es zu lieben. Der SLR an sich und auch der Roadster im Besonderen leben von einem spröden und schamlosen Charme, der seine Liebhaber deutlich von den Fahrern anderer Sport-Boliden abhebt.

Die Distanz zum normalen Autofahrer liegt also nicht nur in den rund 500 000 Euro (natürlich inklusive Mehrwertsteuer) begründet, die jeder Käufer zahlen muss, um über den breiten Schweller in die tiefen Sportsitze seines eigenen SLR rutschen zu können. Auch bei den Reichen dieser Welt scheiden sich am SLR die Geister. Das beginnt beim Design mit der hyperlangen Schnauze für den riesigen Achtzylinder, dem Bug mit seiner Spitze als Zitat des McLaren Formel 1-Renners, den großen seitlichen Kiemen, die den Abgastrakt kühlen, den beiden schon vor den Türen austretenden Auspuffendrohren namens „Sidepipes“, dem konsequent durchgeformten Heck mit Diffusor. Hier steht ein Sportwagen, der allen zeigt, dass er Zurückhaltung nicht nötig hat. Er präsentiert sich so ungeniert, dass zurückhaltende Zeitgenossen ihn gar nicht erst zeigen wollen.


Mercedes-Benz SLR. Foto: Auto-Reporter

Bei der Präsentation des Roadsters konnten wir etwas über seine Käufer lernen: Ein Drittel sind Sammler, ein Drittel nutzt ihn auch im Alltag und ein weiteres Drittel fährt damit Privatrennen, irgendwo in mondänem Umfeld. Mercedes-Benz spricht nicht über seine Kunden, nur so viel war zu hören: Der beste Kunde besitzt schon fünf Coupés – eines an der amerikanischen Westküste, eines an der Ostküste, eines am Mittelmeer und zwei fahren die Kinder. Jetzt, da es den Roadster gibt, wird der Mann sicher ins Grübeln geraten, wie viele er noch braucht. Es wird sich bald entscheiden müssen, denn insgesamt werden von Coupé und Roadster nur 3500 Stück gebaut werden, und die 2007-er Produktion ist schon ausverkauft.

Nicht nur Charakter, Preis und Stückzahl lassen ein Auto zur Ikone werden. Dazu gehört auch exklusive Technik. Der SLR-Fahrer sitzt in einem Karbon-Monocoque, das auch ohne das sonst stabilisierende Dach dem Roadster eine bisher unerreichte Steifigkeit bringt. Karbon schützt auch im Falle eines Unfalls. Vorn können zwei spezielle Elemente Aufprallenergie vernichten. Die sind vor der Art, die kürzlich dem Formel-1-Piloten Richard Kubica das Leben rettete. Soweit muss es ja nicht kommen, weil das hervorragende Doppelquerlenker-Fahrwerk – ebenfalls à la Formel 1 gebaut – und die großen Keramikbremsen einiges beherrschen, an selbst andere Sportwagen glatt scheitern würden.


Mercedes-Benz SLR. Foto: Auto-Reporter

Das volle Roadster-Erlebnis verschafft einem der Achtzylinder-Kompressormotor von AMG erst, wenn man seine 460 kW / 626 PS zum Spurt unter blauem Himmel auffordert und nach 3,8 Sekunden schon die 100-km/h-Marke durchfliegt. Vorher, nach dem Drücken auf den Starterknopf, erlebt der Fahrer eine Überraschung. Der Motor läuft im tiefen Bass, als seien noch nicht alle Zylinder aufgewacht. Dann geht es über einen kräftigen Bariton in die höheren Drehzahlen, bis der Tenor des Kompressors die Melodie zu einem Crecendo mit Obertönen vervollständigt. Das klingt nicht elegant. Hier bekennt sich ein Motor zu brachialer Gewalt. Dennoch zählt er beim Verbrauch eher zu den Zurückhaltenden in seiner Klasse. 14,5 Liter soll er nach der EU-Norm auf 100 km verköstigen.

Mehr als 330 km/h soll die Spitzengeschwindigkeit betragen. Wir brachten es „nur“ auf gut 260 km/h und sahen mit Staunen, wie ungerührt das intelligent verstärkte textile Faltdach diese Geschwindigkeit bewältigt. Da beult sich nichts auf im Unterdruck über dem SLR.


Mercedes-Benz SLR. Foto: Auto-Reporter

Unter dem elektrisch betätigten Stoffdach lässt sich’s ebenfalls gut leben. Die Innenraumhöhe reicht auch für Große, und die Windgeräusche bleiben erstaunlich niedrig. Beim Schließen muss der Fahrer für die letzten Zentimeter allerdings selbst Hand anlegen. Das Mehrgewicht für die komplette Automatik hat man sich gespart. Insgesamt wiegt der Roadster mit 1825 Kilogramm rund 90 Kilogramm mehr als das Coupé.

Die Zuladung verlangt nach sportlich ranken Insassen, denn sie beträgt nur 155 Kilogramm. Da muss man das Gepäck schon sorgfältig zusammenstellen. Zwei Golfbags sollen in den bei geschlossenem Dach 204 Liter großen Kofferraum passen. Mit denen im Heck wird der Abstand zum zulässigen Gesamtgewicht minimal.

Auch nicht gerade üppig fällt das Platzangebot in der opulent mit Leder ausgeschlagenen Fahrerkabine aus. Glücklicherweise kann man zwischen fünf verschiedenen Sitzen wählen, so dass auch lange Beine eine Chance bekommen, mit der Alu-Pedalerie zu spielen. An Bord findet sich alles, was das Herz begehrt, alles serienmäßig und mit einem großen blanken SLR-Schriftzug auf der matt polierten Mittelkonsole verziert. Man weiß eben gern, wo man sich befindet.

Unser zurückhaltender erster Ausritt durch den Taunus und darum herum hat uns Respekt vor dieser Fahrmaschine gelehrt. Obwohl er auch ganz unspektakulär bei 30 km/h durch enge Altstadtstraßen seine Alltagstauglichkeit unter Beweis stellte, träumt man von ein paar Runden völlig losgelöst auf einer Rennstrecke.

Doch dieses Vergnügen wird sich auf das eine Drittel begrenzen, zu dem ich nie gehören werde. Hätte ich 500 000 Euro übrig, würde meine Ehefrau – mit Kishon: die beste von allen – verhindern, dass ich mir diesen Traum erfülle. So bleibt mir nur der Blick auf meine Modelle vom 300 SL und vom 300 SLR aus den Fünfzigern und die Erinnerung an einen einmaligen Ausritt durch die Wohnorte der Frankfurter Prominenz. (ar/Sm)

Daten Mercedes-Benz SLR McLaren Roadster

Länge x Breite x Höhe: 4,66 m x 1,91 m x 1,28 m
Leergewicht, Zuladung: 1825 kg, 155 kg
Motor: Achtzylinder Kompressor, 5439 ccm,
Max. Leistung: 460 kW / 626 PS bei 6500 U/min
Max. Drehmoment: 780 Nm zwischen 3250 U/min und 5000 U/min
Verbrauch NEFZ im Mittel: 14,5 Super Plus
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 3,8 Sekunden
Höchstgeschwindigkeit: 323 km/h
Wendekreis: 12,2 m
Felgen: vorn 9,0J x 18 ET, 11,5 J x 18 ET 44
Reifen: vorn 245/40 ZR 19, hinten 295/35 ZR 18
Kofferraum: 204 Liter bei geschlossenem Dach
Von Peter Schwerdtmann(autoreporter)

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