Range Rover Velar Probefahrt

Range Rover Velar Probefahrt

Ich hatte früher ein paar Jeeps. Dann war lange Ruhe mit diesen Dickschiffen. Doch jetzt – endlich – die erste Range Rover Velar Probefahrt steht an. Genau 2861-mal ließen deutsche Fahrzeughalter 2018 einen Velar neu zu, wovon mehr als drei Viertel mit einem Dieselmotor ausgestattet waren. Folgerichtig wurde auch für diesen Test ein Selbstzünder ausgewählt.

Vier Leistungsstufen zwischen 180 und 300 PS bietet der Hersteller an, wovon der stärkere der beiden Vierzylinder 240 PS (177 kW) hat. Wer ein SUV dieses Kalibers bewegt, weiß im Normalfall, dass er mit wenigstens zwei Tonnen Schwungmasse unterwegs ist.

Reichen da 240 PS und 500 Newtonmeter Drehmoment, um zügig vom Fleck zu kommen? Immerhin überschritt der mit 2000 Kilogramm (bei halbvollem Tank) gemessene Testwagen die Herstellerangabe (1910 kg) nur moderat.

Trotz des geringen Größenunterschieds zum Modell Sport sind Verwechslungen ausgeschlossen. Dafür sorgen die auffällig weit zurückgesetzte Kabine und der extrem nach oben modellierte hintere Überhang, der bei den mit Luftfederung ausgestatteten Versionen einen hinteren Böschungswinkel von fast 30 Grad bedingt.

Jedoch rückt mit der kecken Heckpartie auch die Ladekante nach oben: 80 Zentimeter wurden gemessen, die Luke lässt eine lichte Öffnung von 105 Zentimetern Breite. Das Ladevolumen von 673 Litern (erweiterbar bis auf 1705 Liter) ist für die meisten Transportbedürfnisse mehr als ausreichend.

Der ebenso sachlich wie nobel gestaltete Innenraum überrascht mit einem Multi-Monitor-Angebot. Außer den TFT-Hauptinstrumenten hinter dem Lenkrad, dem (optionalen) Head-up-Display und dem neigungsverstellbaren Navi-Bildschirm gibt es auf der Mittelkonsole noch einen fugenlos eingepassten Touchscreen, über den sich die Allrad-Programme, die Klima-Einstellungen oder wahlweise die Sitzfunktionen wie Beheizung, Kühlung und Massage steuern lassen.

Als Konstante präsentiert sich der Drehschalter für die Bedienung der Acht-Gang-Automatik. Bei Fahrt in Dunkelheit ist das Auffinden der gewünschten Funktion dank der Hintergrundbeleuchtung kein Problem, lediglich der Ein-/Aus- und Lautstärkeschalter muss ertastet werden. Wer sich beizeiten auf die Kontrolle über das Multifunktionslenkrad einstellt, merkt dies vielleicht gar nicht. Eine haptische Rückmeldung der Funktionstasten wäre wünschenswert, der Hersteller hält visuelle Signale für ausreichend.

Einen mutigen Bruch mit der Vergangenheit offenbart das Interieur beiderseits der Insassen: Traditionell platzierte man bei Land Rover die Tasten der elektrischen Fensterheber oben auf der Türverkleidung. Selbst der Jaguar F-Pace zeigt diese Besonderheit. Umsteiger von anderen Marken fanden das mitunter irritierend, weil der gewohnte Griff in Richtung Armlehne nicht bei der Fensterbedienung enden wollte.

Die lobenswerte Tatsache, dass Land Rover diese Eigentümlichkeit aufgegeben hat, sie macht den Velar sympathischer. Den vorne Sitzenden steht eine Innenraumbreite von 146 Zentimetern zur Verfügung, die rückwärtigen Passagiere sind mit 144 cm nicht wesentlich schlechter gestellt – zumindest, wenn sie zu zweit sind.

Traditionell setzt man bei Range Rover auf ein dreistufiges Ausstattungssystem, wobei „SE“ die mittlere Variante darstellt.

Ein SE-Velar bringt ab Werk zum Beispiel 20-Zoll- Alufelgen, Matrix-LED-Scheinwerfer mit LED-Signatur und intelligentem Fernlicht, sensorgesteuertes Fahrlicht und Regensensor, Außenspiegel elektrisch einklapp- und beheizbar, Reifendruckkontrollsystem, Anhängerstabilitätshilfe, Bergab- und Berganfahrhilfe, 360-Grad-Einparkhilfe, Geschwindigkeitsregelung mit Geschwindigkeitsbegrenzer, Kollisionswarnsystem bei Rückwärtsfahrten, Parkassistent, Rückfahrkamera, Spurhalteassistent, Aufmerksamkeitsassistent, Verkehrszeichenerkennung, Wankneigungskontrolle, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, elektrische Heckklappe, Notfall-Bremsassistent, Isofix- Kindersitzbefestigungen und weitere Annehmlichkeiten mit.

Trotz dieser reichlich zu nennenden Ausstattung sind die Kunden dank einer umfänglichen Optionsliste nicht gehindert, ihren Velar noch erheblich zu verteuern.

Der Testwagen hatte eine Reihe von Beispielen an Bord: Ein Luxuspaket für 2808 Euro etwa, das zwar keinen Einfluss auf die Fahreigenschaften hat, dafür aber den Innenraum mit einer Reihe zusätzlicher Lederapplikationen schmückt.

20-fach verstellbare Sitze mit Heiz-, Kühl und Massagefunktion werden mit 3880 Euro zusätzlich berechnet. Sie bringen nicht nur mehr Komfort, sondern auch Zusatzgewicht ins Auto, denn jeder einzelne dieser Sessel ist mit wenigstens 30 Kilogramm zu veranschlagen.

Soll das Windsor-Leder perforiert sein – im Falle des Testwagens konnte man das Muster der Union-Jack-Flagge erkennen – kommen weitere 1561 Euro auf die Rechnung. Als sinnvoll und empfehlenswert ist die Luftfederung anzusehen, die es für die Sechs-Zylinder-Diesel serienmäßig gibt, beim Vierzylinder aber 1644 Euro extra kostet.

Die hohe Sitzposition vermittelt Souveränität und Gelassenheit, die Durchzugskraft des Motors kommt mit der massigen Karosse gut zurecht. Auch wenn das Aggregat in höheren Drehzahlen einen schnarrenden Klang absondert, macht es dennoch keinen überforderten Eindruck.

Legt man es in flotter Kurvenfahrt darauf an, kann man die Seitenneigung des hohen Aufbaus (1,69 Meter) spüren. Die Luftfederung bügelt die meisten Unebenheiten weg, man gleitet entspannt über Fugen, Rillen und Defekte im Straßenbelag. Ein wenig mehr Direktheit und Rückmeldung könnte die Lenkung vertragen, doch die einigermaßen übersichtliche Karosserie wirft auch ohne Kamera-Unterstützung keine Manövrierprobleme auf. Zwölf Meter Wendekreis geben jedoch eine Ahnung davon, welche Vorteile mit einer Hinterachslenkung verbunden wären.

Beim Verbrauch sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Die 6,7 Liter je 100 Kilometer, die der Hersteller als Durchschnittswert nennt, haben für die Praxis keine Bedeutung. Sieben bis acht Liter scheinen für eine entspannte Fahrt über die Landstraße möglich, im Mix mit Kurzstrecke und zügiger Autobahnfahrt sollte man mit neun Litern rechnen.

Im Vergleich mit dem Sollwert erscheint das hoch, nicht aber, wenn man es in Bezug zum Komfortniveau der Reise setzt.

Fazit der Range Rover Velar Probefahrt: Das legendäre Range-Rover-Fahrgefühl, das Erhabenheit mit einer gewissen Distanz zur Außenwelt verknüpft, kann man im Velar genau so erleben, wie in den größeren Modellen.

Der Vier-Zylinder-Diesel lässt keine Defizite bei Laufkultur und Kraftentfaltung erkennen, nur fordert er dafür auch Tribut, wenn man sein Potenzial ausnutzt. An Optionen für edle Accessoires und wirkungsvollere Optik fehlt es nicht, was dem Hersteller zuverlässig erhebliche Mehreinnahmen in die Kassen spült. (we/amp/afb)(Fotos: Auto-Medienportal.Net/Axel F. Busse)

Daten Range Rover Velar D240 SE

Länge x Breite x Höhe (in m): 4,80 x 2,04 x 1,69
Radstand (m): 2,87
Motor: R4-Turbodiesel, 1999 ccm
Leistung: 177 kW / 240 PS bei 4000 U/min
Max. Drehmoment: 500 Nm ab 1500
Höchstgeschwindigkeit: 217 km/h
Beschleunigung 0 auf 100 km/h: 7,4 Sek.
Kraftstoffverbrauch (NEFZ): 6,7 l/100 km (EU6)
CO2-Emissionen: 176 g/km
Tankinhalt: 60 L
Leergewicht Testwagen / Zuladung: 2000 kg / max. 600 kg
Gepäckraum: 673–1788 Liter
Bodenfreiheit: max. 251 mm
Wattiefe: max. 650 mm
Böschungswinkel: 29 Grad
Rampenwinkel v/h: 30/24 Grad
Wendekreis: 12 m
Grundpreis: 69 830 Euro
Testwagenpreis: 90 048 Euro

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