Zu Besuch bei Phoenix Racing, wo zwei Welten des Motorsports aufeinandertreffen: die virtuelle und die reale. Die Mannschaft aus Rheinland-Pfalz gehört zu den Top-Teams der Szene und hätte eigentlich keinen Grund, neue Wege zu gehen. Sie tut es trotzdem.
Über das Rennteam gibt es viel zu erzählen. Im Jahr 1999 gründete Ernst Moser das Unternehmen. Seitdem hat Phoenix Racing unzählige Erfolge eingefahren. Allein fünf Siege beim 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring, das als eine der größten Motorsportveranstaltungen der Welt gilt, sprechen für sich.
Ernst Moser ist auch die treibende Kraft hinter dem hauseigenen Sim Racing-Projekt. Mit der gleichen Energie, die er in seine Rennerfolge steckt, tüftelt er an der Entwicklung von Rennsimulatoren. Diesen Eindruck hatte ich jedenfalls, als ich den Ingenieuren und Mechanikern über die Schulter schauen durfte.
Es handelt sich hierbei um die gleiche Crew, die auch im echten Motorsport für die Rennautos des Meuspather Teams verantwortlich ist.
Und sogar Fahrer sind involviert. Mike Rockenfeller zum Beispiel. Wenn der DTM-Champion von 2013 im Rennsimulator sitzt, dient dies nicht nur zur Vorbereitung auf sein nächstes Rennen.
Nein, er gibt die Erkenntnisse 1 zu 1 an die Techniker weiter und hilft so, Lenkräder und Pedale noch realistischer zu machen.
Alles sehr beeindruckend, doch stellt sich immer noch die Frage: Wieso all der Aufwand? Moser erklärte, dass die Corona-Krise hierbei eine entscheidende Rolle spielte. Einerseits lagen die Saisonplanungen aufgrund der zahlreichen Veranstaltungsabsagen im Frühjahr auf Eis, andererseits rückte der virtuelle Rennsport im eigenen Wohnzimmer plötzlich in den Fokus.
Wer jetzt an eine handelsübliche Videokonsole mit Controller denkt, der irrt. Die Phoenix-Ingenieure erklärten mir in ihrer Werkstatt anhand eines sogenannten „Sim Rigs“ die Technik, die dahintersteckt.
Allein die Tatsache, dass sich der Sitz entsprechend mit bewegt und mich durchrüttelt, ist bemerkenswert. Jede Bodenwelle und jeden Ausflug mit dem virtuellen Rennwagen durch die Wiese bekommt man so zu spüren.
Im Vergleich zu handelsüblichen Simulatoren steckt deutlich mehr Technik in den „Sim Rigs“ von Phoenix Racing.
Ein gutes Beispiel hierfür ist die Lenkung: Es handelt sich um eine Original-Lenksäule aus dem Audi R8. Auch beim Lenkrad, das in alle Richtungen verstellbar ist, handelt es sich um „Originale“.
Bei der Konstruktion kommen CRD-Programme zum Einsatz und es wird auf hochwertige Materialien, wie Carbon und Aluminium, gesetzt. Auch eine elektronische Sitz- und Pedalverstellung ist vorhanden. Damit der Nutzer in seinem Sitz die Bewegung spürt, gibt es unterschiedliche Konzepte.
Was ich auch zu spüren bekam: Die Aufbruchsstimmung, die innerhalb der Mannschaft herrscht. Und die ist gerade notwendig, denn vieles ist derzeit im Wandel – das gilt für die Autobranche und damit auch für den Motorsport. (Fotos: miranda/phoenix racing)